Exzentrische Positionalität
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Helmuth Plessner ist, vor allem durch seine moderne Philosophische Anthropologie, einer der originären Philosophen der legendären zwanziger Jahre; nach der Rückkehr aus dem niederländischen Exil – wurde er zu einem der maßgeblichen Intellektuellen der jungen Bundesrepublik, dies in erster Linie als Soziologe. In der heutigen Paradigmenkonkurrenz des 21. Jahrhunderts zwischen Neodarwinismus und Poststrukturalismus, zwischen Naturalismus und Kulturalismus, zwischen Dawkins einerseits, Foucault andererseits gilt Plessner inzwischen als eine zentrale, intellektuell wettbewerbsfähige dritte Theorieoption. Der Band versammelt einschlägige Studien von Joachim Fischer, die die Plessner-Renaissance seit 1989 begleitet und gefördert haben – gerade in der Aufmerksamkeit für das Leistungspotential der verschiedenen Werke. Dementsprechend sind sie entlang von Plessners Schlüsseltexten gruppiert: Einheit der Sinne (1923), Grenzen der Gemeinschaft (1924), Stufen des Organischen und der Mensch (1928), Macht und menschliche Natur (1931), Verspätete Nation (1935/1959), Lachen und Weinen (1940). »Exzentrische Positionalität« – diese artifizielle plessnersche Begriffsfügung für die conditio humana – ist als Kategorie nicht schwieriger als ›Transzendentalität‹ (Kant), ›hermeneutischer Zirkel‹ (Gadamer), ›Negative Dialektik‹ (Adorno), ›Autopoiesis‹ (Maturana/ Luhmann), ›différence/différance‹ (Derrida), ›Dispositiv‹ (Foucault) – alles Fangbegriffe, die im öffentlichen Bewusstsein operativen Status erlangt haben. Aber ›exzentrische Positionalität‹, der Fischers Plessner-Studien ihren Titel verdanken, ist als Schlüsselkategorie möglicherweise aufschlussreicher, mit stärker aufschließender Kraft geladen – eben ein »glücklicher Griff«, wie Plessner selbst vermutete.