Mündliche Literatur und Nationalidentität in Brasilien
Autoren
Mehr zum Buch
Die brasilianische Literaturgeschichte ist von einer intensiven Beschäftigung mit der Frage nach der nationalen Identität gekennzeichnet. Vor allem in der Romantik und im Modernismus ist ein bewusstes Streben nach Nationalisierung und Modernisierung der brasilianischen Literatur und Kultur deutlich spürbar. Dabei lässt sich eine bedeutende Hinwendung zu den volkstümlichen Traditionen – der Folklore – und insbesondere zur mündlichen Literatur beobachten, die in den literarischen Diskursen als eine Art Spiegel der nationalen Identität dargestellt wird. Im Hinblick auf die Rolle der mündlichen Literatur in der nationalen Identitätskonstruktion in Brasilien nehmen die Diskurse von José de Alencar und Mário de Andrade eine zentrale Stellung ein. Diese Arbeit legt den Fokus auf literaturkritische und -theoretische Texte beider Autoren und macht stellenweise kurze Exkurse über fiktionale Werke. Besonders berücksichtigt werden die Ausführungen Johann Gottfried Herders über die Volkspoesie als Naturpoesie im Gegensatz zur gelehrten Kunstdichtung, der sie als Rohstoff dienen sollte. Eine wichtige Rolle spielen bei dem Prozess der nationalen Identitätskonstruktion sowohl historische Faktoren als auch die Aufwertung einer von der volkstümlichen gesprochenen Sprache geprägten „brasilianischen“ Literatursprache, die mit dem europäischen Portugiesisch und der portugiesischen Literatur kontrastieren sollte. Die Untersuchung präsentiert sowohl eine diachronische als auch eine synchronische Perspektive. Die diachronische Perspektive ist insofern wichtig, um die nationale Identitätskonstruktion als historischen Prozess zu erfassen, während die synchronische Sicht für den Vergleich zwischen den beiden Gründungsmomenten der brasilianischen Literatur (Romantik und Modernismus) sowie zwischen Alencar und Andrade von Bedeutung ist. Weiteres Schlagwort: Romanistik