Die Liebe des Zensors
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Die gegenwärtige abendländische Gesellschaft ist das Ergebnis der direkten und indirekten Fortführung der dogmatischen Ordnung, deren Grundlagen im mittelalterlichen kanonischen Recht zu verorten sind. Hinter dem fortschrittlich-liberalen Schein verbirgt sich die alte, archaische Logik des Glaubens an eine allmächtige Vaterinstanz. Während raffiniertere Zensurmechanismen suggerieren, es gäbe keine absolut bindenden Autoritäten mehr und die moderne Gesellschaft sei am Ende der Geschichte angelangt, bleibt der phantasmatische Zensor im Amt. Er gibt nach wie vor einen allwissenden Vater-Pontifex, der Anspruch auf Liebe hat. Mit diesem Buch, zentral in Legendres Œvre, entwarf Legendre die Grundlinien einer »dogmatischen Anthropologie«, die die mittelalterliche Dogmatik aufheben und überwinden soll.