Prospektiv-randomisierter Vergleich zweier Nitrat-stimulierter Kipptischuntersuchungsmethoden
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Eine plötzliche Bewusstlosigkeit, die durch eine transiente Minderdurchblutung des Gehirns entsteht, bezeichnet man als Synkope. Mit einer Lebenszeitinzidenz von bis zu 39% sind Synkopen ein häufiges klinisches Problem. Etwa 1,5% der Patienten in Notaufnahmen stellen sich mit diesem Symptom vor. Ist die Ursache der Synkope unklar, aber eine vasovagale Genese naheliegend, gilt die Kipptischuntersuchung als etablierte und effektive diagnostische Maßnahme. Die nitratstimulierte Kipptischuntersuchung wird gegenüber einer rein passiven Untersuchung bevorzugt, da sie sich durch eine erhöhte Sensitivität bei unbeeinträchtigter Spezifität auszeichnet. Die Durchführung der Untersuchung nach dem am häufigsten angewandten und in den aktuellen Leitlinien empfohlenen Protokoll ist jedoch sehr zeitintensiv und verursacht dadurch enorme Kosten und eine hohe Nutzung von Ressourcen. Durch einen Verzicht auf die passive Stehphase kann die Untersuchung verkürzt und besser in den klinischen Alltag integriert werden. Bisher existieren jedoch nur wenige prospektiv-randomisierte Daten zum Vergleich von nitratstimulierten Kipptischuntersuchungen mit und ohne passive Stehphase. Wir schlossen 100 Patienten mit leitliniengerechter Indikation zur Kipptischuntersuchung in diese prospektive Studie ein. Die Patienten wurden mittels Briefumschlag-Randomisierung einem der beiden Protokolle zugeordnet. Bei 50 Patienten wurde das konventionelle Kipptischprotokoll mit einer passiven Stehphase von 20 Minuten, anschließender Gabe von 0,4mg Glyceroltrinitrat-Spray s. l. und weiteren 16 Minuten aktiver Stehphase durchgeführt. Der Kippwinkel lag bei 70°. 50 Patienten erhielten das verkürzte Protokoll, welches bei sonst identischen Bedingungen auf die passive Stehphase verzichtet. Als positives Testergebnis wurde das Auftreten einer Synkope oder Präsynkope mit nicht tolerierbarer Hypotonie und/oder Bradykardie gewertet. Die eingetretenen Synkopen wurden je nach hämodynamischem Profil als vasodepressorische, kardioinhibitorische oder gemischte Reaktion klassifiziert. Die Positivraten beider Untersuchungsvarianten unterschieden sich mit 34% im verkürzten und 42% im konventionellen Protokoll nicht signifikant (p= 0,537). Hinsichtlich des hämodynamischen Profils der Synkope zeigte sich ebenfalls kein Gruppenunterschied. Verglichen mit dem konventionellen Protokoll reduzierte sich die Untersuchungszeit bis zum Eintreten eines positiven Testergebnisses im verkürzten Protokoll signifikant von 23±11 auf 11±4 Minuten (p< 0,001). Unsere Daten zeigen, dass sich das verkürzte Kipptischprotokoll mit Verzicht auf eine passive Stehphase als gleichwertige Alternative zu dem bisher etablierten Protokoll anbietet. Dies wurde bereits an selektierten Patientengruppen gezeigt und konnte von uns an einem im klinischen Alltag auftretenden Patientenkollektiv bestätigt werden.