Marianne & Hermann

AuszugVon Anfang an Unsere Kinder! Unsere Kinder haben keine alten, sie haben moderne Eltern! Sagen sie. Deshalb die Idee mit dem Computer, einem „Tablet“. Sieht aus wie ein Tablett, ein bisschen wie ein Vesperbrett. Beider Funktionen könnte es bestimmt erfüllen. „Eine Möglichkeit, uns in Düsseldorf und Johannes, Anne und die Kinder in Stockholm zu sehen!“, verkündete unsere Tochter Barbara mit einem ermunternden Lächeln. Hermann war skeptisch. Das sah ich gleich. Auch Johannes´ wohl wohl gemeinte Mahnung, es sei „wichtig, sich im Alter medial fit zu halten“, konnte ihn nicht gleich überzeugen. Wie auch? Wir sind schließlich noch keine 70, bald vielleicht, ja, das schon. Aber ist das schon das Alter? Und dann: Wie unsere Enkel „sehen“? Wir bekommen sie doch nur aufs Tablet geliefert! – Kommt uns öfter besuchen! Dann gehen wir zusammen in den Zoo, wir essen Vanilleeis – zu jeder Jahreszeit (Versprochen!) und ich kann meine Nase ganz tief in Fannys Wuschelkopf stecken und ihren Honigduft riechen, Moritz auf dem Spielplatz herumjagen von der Schaukel zur Wippe, auf den Kletterturm und wieder zurück! Das ist Oma-Glück! Das richtige Leben eben, richtige Großeltern, echte Enkelkinder Aber: Das Ding war schon angeschafft, preiswert zwar, aber nicht ganz billig, wie diplomatisch angedeutet wurde. Hermann verriet mir noch vor dem Frühstück seinen dunkelsten Gedanken: „Garantiert ein Sonderangebot ohne jedes Rückgabe-Recht!“ Kinder sind Schlingel, auch wenn sie erwachsen sind. Und Hermanns Kegelfreund Otto bot an, uns in alles Wichtige einzuweisen. „Dauert keine zwei Stunden!“, so baute er Brücken. Schließlich wurden drei Nachmittage und ein halber daraus. Wegen Hermann, nicht wegen mir. Ich muss nicht jeden Knopf verstehen, nicht jeden Tasten-Kombi-Trick kennen. Aber mein Mann ging mal wieder aufs Ganze, eine gewisse Begeisterung für die tiefere Weisheit des technischen Geräts nicht verhehlend. Sogar die sonst fest gebuchte Tagesschau wurde die ersten Tage ausgelassen, mindestens abgebrochen, um z. B. Anne beim Vorlesen der Gutenachtgeschichte im Schwedischen zu lauschen UND IHR DABEI ZUZUSEHEN oder mit Barbara und einem Piccolo-Sektle grandios direkt auf ihren 5. Hochzeitstag anzustoßen. Jedenfalls: Jetzt sind wir drin. Medial. Phänomenal. Und: Gerne! Wir schreiben Rundbriefe aus dem Urlaub, skypen ganz selbständig mit der ansonsten abwesenden Familie, Hermann tauscht Rührteigkuchenrezepte mit einem Andalusier, den er im Rotarier-Chat kennen gelernt hat; wir laden unsere Freunde und Bekannten, wenn sie auch drin sind, sehr spontan und flatrateschnell zu Kaffee oder Tee, etc. pp Und wir schreiben über unser Leben, unsere Stadt, das Heimatliche halt. Für alle, die es lesen wollen. Ab ..... jetzt!