Die arbeitszeitrechtliche Bewertung des Bereitschaftsdienstes durch den EuGH
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Bereitschaftsdienste sind sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Privatwirtschaft unverzichtbarer Bestandteil der Arbeitsorganisation. Vielfach dient die Einrichtung von Bereitschaftsdiensten der Sicherstellung eines kontinuierlichen Dienstes, insbesondere in Krankenhäusern und bei öffentlichen Notfalleinrichtungen wie Feuerwehr und Polizei. Über die arbeitszeitrechtliche Einordnung von Bereitschaftsdiensten bestand lange Zeit Uneinigkeit. Der Europäische Gerichtshof hat sich in mehreren Entscheidungen seit 2001 jedoch deutlich positioniert und festgestellt, dass die Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) eine Qualifizierung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit bedinge. Als Folge dieser Entscheidungen konnten unionsweit vielfach bewährte Arbeitszeitmodelle nicht mehr aufrechterhalten werden. Viele Mitgliedstaaten reagierten auf die geänderte Rechtslage durch die Nutzung einer ursprünglich nur provisorisch in die Richtlinie aufgenommenen Ausnahmeregelung, der sog. Opt-out Klausel. Mehrfache Richtlinienreformversuche scheiterten bislang an unterschiedlichen Vorstellungen der europäischen Gesetzgebungsorgane. Diese Untersuchung widmet sich der Frage, ob die Judikate des EuGH rechtlich überzeugen können, eine angemessene und sachgerechte Bewertung des Bereitschaftsdienstes beinhalten und womöglich Spielräume für sach- und interessengerechte Lösungen der aktuell unionsweit bestehenden Bereitschaftsdienstproblematik lassen. Dazu werden die rechtlichen und tatsächlichen Charakteristika des Bereitschaftsdienstes im nationalen, internationalen und supranationalen Recht herausgearbeitet und eine Abgrenzung zur Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft vorgenommen. Darauf aufbauend werden die aktuellen Richtlinienbestimmungen zur Arbeitszeit sowie die EuGH-Rechtsprechung zur Qualifizierung des Bereitschaftsdienstes analysiert und die Frage beantwortet, ob der Bereitschaftsdienst dem EuGH folgend zwingend unter die Arbeitszeitdefinition der Richtlinie zu subsumieren ist. Abschließend werden unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des Arbeitszeitrechts sowie der neuesten arbeitsmedizinischen Erkenntnisse verschiedene Lösungsmöglichkeiten der Bereitschaftsdienstproblematik aufgezeigt.