Geboren im Fluss des Erzählens
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Mit ihrer Studie knüpft Katharina Wagner an die lange Gattungstradition der Pikareske an und macht sie für drei Autorinnen bzw. vier Romane des 20. Jahrhunderts produktiv. Irmgard Keuns „Das kunstseidene Mädchen“ (1932), Irmtraud Morgners „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz“ (1974) und Emine Sevgi Özdamars „Das Leben ist eine Karawanserei“ (1992) sowie „Die Brücke vom Goldenen Horn“ (1998) werden als Aktualisierungen des Genres zu ihren spezifischen historischen Zeitpunkten gelesen. Die Pikara wird als Genrefigur entworfen, die sich als halbe Außenseiterin sowohl inner- als außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung befindet. In zwei Durchgängen durch die Romane wird das Verfahren des „close readings“ radikalisiert. Die Lektüren zeigen, dass die Figuren sich im Prozess des Schreibens hervorbringen, somit im Fluss des Erzählens geboren werden. Die erzählte Welt ist nicht in Gesetzmäßigkeiten zu fassen, die außerhalb des Erzählens liegen, obgleich das Erzählte sozio-historisch klar zu verorten ist und in seiner Materialität zum Greifen nah erscheint. Die textnahe Beschäftigung mit den Romanen macht deutlich spürbar, dass das, was hier erzählt wird, uns angeht, uns betrifft und berührt. Die Welten, die die Pikaras durchwandern, erscheinen zum Teil unendlich fern und doch immer ganz nah.