Wie viele Schritte kann ich gehn
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Offenheit und Ehrlichkeit auszudrücken, in Worte zu fassen, innere Vorgänge öffentlich zu machen nötigen heute keinen Respekt mehr ab. Der Exhibitionismus in der Literatur ist spätestens seit dem Erscheinen von ‚Portnoy‘s Beschwerden‘ kein Thema mehr. Dennoch hat mancher Schwierigkeiten etwas zu vermitteln, Hemmschwellen zu überwinden, das Ungewohnte auszudrücken, gerade wenn es an Übungen der Form- und Sprachgebung mangelt. Umso klarer und mutiger sind die Schilderungen der ersten achtzehn Lebensjahre von Michael Herold. Er hat diese Aufzeichnungen dreiunddreißig Jahre ruhen lassen bis er sich entschloss, sie öffentlich zu machen. Grund ist aufzuzeigen, wie das Schicksal und eigene Unverantwortlichkeit sich entwickeln können, wiederholt Zeichen auftauchen, Ereignisse sich bemerkbar machen, in denen ein Neuanfang, eine Änderung, gewollt oder erzwungen durch die Umstände, zu einem andersartigen Zustand und Bewusstheit führen können. Marksteine zu erkennen, den Augenblick wahrzunehmen wann Veränderung möglich ist, das ist ungeheuer schwer oder es fällt uns vor die Füße und wir brauchten uns nur noch zu bücken um es anzunehmen. Es sind wenige Jahre eines frühen Lebens die sich so unerhört prägend und schicksalbestimmend entwickelten. Umso bemerkenswerter die Schlüsse die daraus gezogen oder versäumt wurden. Das wird vor dem Hintergrund einer schwierigen Zeit dargelegt, nicht ohne Wehmut nach einer vergangenen Epoche, in der sich mindestens so viel ereignet und verändert hat wie in den kommenden Jahrzehnten. Diese Erlebnisse und Schilderungen nehmen uns auch mit in eine Zeit, die im Rückblick als ein unerhörter Reichtum wahrgenommen werden kann, der uns geschenkt wurde und kaum noch zu vermitteln ist. An diese Lebensgeschichte schließt sich ein kürzlich erschienenes Buch des Autors an mit dem treffenden Titel, ‚Eugen Funk – Kunst ist Entwicklung‘. Es beginnt dort wo dieses endet und es berichtet über die Zeit seines Studiums an der Kunstakademie und die folgenden Jahrzehnte, in denen er seinen Professor und Künstler, Eugen Funk, begleitet hat. Diese Schilderungen sind keine Autobiografie, sie sind eine Hommage an seinen Lehrer und konzentrieren sich auf die Begegnung mit ihm, der Kunst und seinem Kunstschaffen. Lässt aber auch durchscheinen, welchen Weg der Autor in seinem persönlichen und beruflichen Bereich beschritten hat, als Graphik-Designer als auch in seinem künstlerischen Wirken.