Der neue Europaartikel 23 des Grundgesetzes im Lichte der Arbeit der Gemeinsamen Verfassungskommission
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Ein für das Grundgesetz entscheidendes Datum ist der 7. Februar 1992, als die Vertreter der damals zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften den „Vertrag über die Europäische Union“ in Maastricht unterzeichneten. Die Mitglieder der Gemeinsamen Verfassungskommission nahmen sich im Zuge dessen der Aufgabe an, die staatlichen Grundlagen in bezug auf die europäische Integration neu zu bestimmen. Sie setzten den Grundstein für Art. 23 GG in seiner jetzt gültigen Form. Der Arbeit der Gemeinsamen Verfassungskommission kommt auch nach erfolgter Verfassungsänderung hohe Bedeutung bei der Interpretation der Norm zu. Der neue Europaartikel hat schließlich seine Bewährungsprobe - insbesondere hinsichtlich der neu statuierten Mitwirkungsbefugnisse von Bundesrat und Bundestag in europäischen Angelegenheiten - noch vor sich. Genug Spielraum für verfassungsrechtliche Auseinandersetzungen über die Tragweite der neuen Rechte bietet Art. 23 GG auf jeden Fall, da der Wortlaut an vielen Stellen unergiebig ist. Die Suche nach den Motiven für die gewählten Formulierungen bereitet dabei aus vielerlei Gründen Schwierigkeiten. So wurden entscheidende Beratungen in den nichtöffentlichen Berichterstattergesprächen der Gemeinsamen Verfassungskommission geführt, deren Protokolle einem breiten Publikum unzugänglich sind. Auch fanden intensive Erörterungen der Materie im später konstituierten Sonderausschuß „Europäische Union“ (Vertrag von Maastricht) statt, deren ebenfalls nichtöffentliche Protokolle eine wichtige Quelle für die Entscheidungsfindung der Gesetzgebungsorgane zu Art. 23 GG darstellen. Angesichts der Vielzahl von Diskussionsforen und der Undurchsichtigkeit ihrer Kompromisse im Kontext von politischen Sachzwängen und rechtlichen Notwendigkeiten ist es Ziel der Untersuchung, die Motive der Urheber der Art. 23, 24 Abs. 1a, 28 und 88 GG umfassend darzustellen und den Konsens zwischen den Lagern von Bundesrat und Bundestag transparent aufzuzeigen. Die Untersuchung soll dabei einen Beitrag zur künftigen historischen und genetischen Interpretation des Verfassungstextes leisten.