Die sexuelle Gewalt in der Geschichte
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In dem vorliegenden Buch präsentiert der berühmte französische Historiker Alain Corbin Beiträge zu einem zentralen, bislang nur wenig beachteten Thema moderner Mentalitätsgeschichte: Sie befassen sich mit dem Leiden und der Verwüstung von menschlichen Körpern - nicht durch Marter, Folter und Krieg, sondern durch sexuelle Gewaltanwendung. Sechs europäische und amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rekonstruieren aus der Geschichte vom Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit Fälle von sexueller Gewaltanwendung und ihre „Verarbeitungen“ durch die von Männern dominierten Institutionen. Beschrieben wird ein paradigmatischer Fall von Vergewaltigung im bretonischen Rennes des Mittelalters, der nach Zahlung von ein paar Goldstücken ad acta gelegt werden konnte; es geht weiter um die „Lustseuche des Ancien Régime“, die Syphillis; um Sodomie und Homosexualität in Zeiten der Inquisition im Spanien des 16. und 17. Jahrhunderts; um die Ermordung der alleinstehenden und dennoch selbstbewußten Verkäuferin Mary Rogers in New York (1841) und die nicht weniger bestialische Ermordung von sechs Prostituierten in London (1888), die „Jack the Ripper“ zugeschrieben wurden. Die Geschichten machen deutlich, daß Elias' Theorie des Zivilisationsprozesses ergänzt werden muß: Die unmittelbare, nackte Gewalt ist im Verlauf der Ausdifferenzierung der Zivilisation einer ihrer unheilvollen Bestandteile geblieben.