Selbstorganisation und Gewalt
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Selbstorganisation und Gewalt scheinen auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun zu haben. Es zeigt sich aber, daß mit dem Instrumentarium der Selbstorganisationstheorien auch soziale Systeme erfolgreich beschreibbar sind. Am Beispiel von gewalttätigen sozialen Gruppen wird gezeigt, daß Gewalthandeln auf einen Prozeß der Selbstorganisation zurückgeführt werden kann, bei dem sich Gruppennormen eigendynamisch extremisieren. Das vorliegende Buch gibt zunächst auf verständliche Weise eine Einführung in die Konzepte der Selbstorganisation, speziell der Synergetik, und zeigt deren Bezug zu aktuellen Gruppen- und Gewalttheorien auf. Vor diesem Hintergrund werden die Konzepte der Gruppenbildung durch Selbst-Kategorisierung und der Gruppenpolarisierung in eine synergetische Theorie der Normendynamik integriert. Es gelingt damit, widersprüchliche empirische Ergebnisse zur Gruppenpolarisierung auf ein einheitliches theoretisches Konzept zurückzuführen. Angewendet auf fremdenfeindliche Gewalt wird die erschreckende ‘Normalität’ vieler Täter, welche die verfügbare Empirie zwar belegt, deren Erklärung aber bisher unzureichend war, besser verständlich und theoretisch ableitbar. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der durch Goldhagens These vom eliminatorischen Antisemitismus der Deutschen (Goldhagen, 1996) neu entfachten Diskussion über die Ursachen des Holocaust weist der vorliegende Ansatz zur Normendynamik eine wichtige Alternative zu statischen und einseitig gerichteten kausalen Erklärungsansätzen in den Sozialwissenschaften.