Von der Diktatur zur Demokratie - und zurück?
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„In ganz Europa gibt es nur zwei Länder ohne Parlament - den Vatikan und Belarus!“ Diese weißrussische Redensart veranschaulicht plakativ, wie sich die Situation in der ehemaligen Sowjetrepublik Belarus seit November 1996 präsentiert. De iure in Form eines Referendums, de facto in Form eines kalten Staatsstreiches, der von Verfassungsbruch, Indoktrination und Manipulation bestimmt war, hatte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenka das Parlament und das Verfassungsgericht als eigenständige Gewalten ausgeschaltet und damit die Grundlage für seine Autokratie geschaffen. Die Tatsache, dass es nun plötzlich mitten in Europa erneut ein diktatorisches Regime geben sollte, aber auch die (Wieder-)Vereinigungspläne Russlands mit Weißrussland, zu einer wie auch immer gearteten Nachfolgeunion der UdSSR, schreckte im Frühjahr 1997 die internationale Öffentlichkeit auf und lenkte die Aufmerksamkeit auf ein Land in der Mitte Europas, das bisher eher im Windschatten der Geschichte gelegen hatte und bisher bestenfalls dadurch bekannt wurde, dass es von der weltweit perzipierten Atomkatastrophe von Tschernobyl am stärksten geschädigt worden war. Die Dissertation ist das bisher umfassendste Werk in deutscher Sprache, das sich mit der Republik Belarus auseinandersetzt. Sie will das Informationsdefizit über dieses Land beseitigen und eine empirische Analyse des Transformationsprozesses von den Anfängen bis Ende 1996 bieten, als sich in Gestalt des umstrittenen Verfassungsreferendums die Rückkehr Belarus zu oritären präsidentiellen Strukturen abzeichnete. Aber auch die vom Westen so misstrauisch beobachteten Reintegrationspläne mit Russland, die 1997 ihren Höhepunkt fanden, sollen in der Analyse nicht zu kurz kommen. Rückgriffe auf die Geschichte Weißrusslands und die prägenden Faktoren der politischen Kultur der Bevölkerung dienen der systematischen Einordnung und als Hilfe bei der Analyse der Entwicklung. So verfolgt die Dissertation wissenschaftlich ein weiteres, im Rahmen der Transformationsforschung angesiedeltes, spezifisch theoretisch-methodisches Ziel, insofern die Arbeit darauf abzielt, das neue konzeptionelle und methodische Instrumentarium zu erproben und kritisch zu reflektieren. Ein Buch über Weißrussland ist immer auch ein Buch über eine „terra incognita“ inmitten Europas. Bisher liegen kaum Monographien in deutscher Sprache vor; in deutschen Zeitschriften und Zeitungen findet man nur selten Beiträge zu diesem Thema. Diese Dissertation, mit ihrer großen Fülle an in Deutschland bisher unveröffentlichten Quellen und zahlreichen Literaturhinweisen, wird daher ganz wesentlich dazu beitragen, Weißrussland Europa näher zu bringen.