Wollen wir unsere Hände in Unschuld waschen?
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1928 bekundeten innerhalb kurzer Zeit 33 Städte in Deutschland ihr Interesse, einen Vortrag der Schweizer Naturwissenschaftlerin zu hören. „War es die nicht zu verleugnende Gegenwartsnähe der aufgeworfenen Fragen, war es ehrliche Überzeugung zur Sache, was die Massen angezogen hatte? - Jedenfalls waren sie gekommen. Man sah der kleinen, leicht ergrauten, lebhaften Frauengestalt die erfahrene Wissenschaftlerin, vielleicht auch in etwa die gewiegte Parlamentarierin an.“ (Rheinische Zeitung). In der Nazizeit wurden ihre Schriften verbrannt. Gertrud Woker kämpfte in Bern seit 1907 für ein noch junges Lehrgebiet. Ihr Anliegen war es, über die Verknüpfung der Disziplinen angehenden Naturwissenschaftlern das komplexe System ineinandergreifender biologischer, chemischer und physikalischer Reaktionen begreifbar zu machen. Durch die frühe Spezialisierung im Studium sah sie nicht nur die Studenten um den nötigen Überblick gebracht, sondern auch die Verantwortung des Forschers für sein Tun an den Rand gedrängt. Nach ihrem Austritt aus dem Lehrkörper 1951 faßte sie in „Die Chemie der natürlichen Alkaloide“ ihre jahrzehntelangen Betrachtungen biochemischer Zusammenhänge zusammen und fand ein unerwartetet breites Echo in chemischen, biologischen, pharmazeutischen und medizinischen Fachzeitschriften. 1952 forderte die akkreditierte Konsulantin der Frauenliga bei der UNO Gertud Woker zur Stellungnahme zu den wissenschaftlichen Kriegsmethoden im Koreakrieg auf. Bis 1965 trug sie ihre Berichte auf Kongressen und Exekutivsitzungen der Frauenliga vor. Sie schrieb an Politiker und Institutionen und erhielt Briefe von Frauen aus der ganzen Welt, die ihr im Vertrauen auf Hilfe über genetische Mißbildungen ihrer Kinder berichteten. Zum Zeitpunkt der Eskalation chemischer Kriegsführung in Vietnam brach Gertrud Woker im Alter von 88 Jahren zusammen. Dr. Gerit von Leitner ist Historikerin, Pädagogin und Filmemacherin. Sie hat in ihrem ersten Buch „Der Fall Clara Immerwahr“ gezeigt, daß sie ihr aufwendig recherchiertes Wissen mit ihrer zeitgeschichtlichen Kenntnis zu einem lebendigen Bild zu verbinden vermag.