Journalisten in der Schweiz
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Wie sieht die Wirklichkeit im schweizerischen Journalismus aus? Welche Veränderungen technologischer, ökonomischer und organisatorischer Art prägen sie, und welche beharrenden Elemente stehen dem entgegen? Diesen und einer Vielzahl weiterer Fragen geht die erste große, repräsentative Journalisten-Enquête in der Schweiz nach, deren quantitative Befunde ergänzt werden durch qualitative Interviews mit Führungsverantwortlichen in verschiedensten Redaktionen. Als Teil des sozialwissenschaftlichen Schwerpunktprogramms „Zukunft Schweiz“ und unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds für wissenschaftliche Forschung machten das Institut für Medienwissenschaft der Universität Bern und das Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich eine Bestandsaufnahme der Berufswirklichkeit des Journalismus in der Schweiz. In einer repräsentativen Befragung von 2020 Personen aus den drei Sprachregionen der Schweiz wurden soziodemografische, berufliche und mediale Strukturen erfasst und Angaben zum journalistischen Selbstbild und zum redaktionellen Leitbild, zur praktizierten Qualitätssicherung, zur Berufszufriedenheit und zur Folgenabschätzung technologischer, ökonomischer und organisatorischer Einflussfaktoren gesammelt. In einer zweiten, stärker theoriegeleiteten Studie ergänzt die Auswertung 41 qualitativer, problemzentrierter Interviews mit Führungskräften in 25 Redaktionen die vorangegangenen quantitativen Untersuchungen. Der zögerliche Wandel des schweizerischen Journalismus beruht nicht zuletzt auf einer föderalistischen, geografischen und sprachlich-kulturellen Segmentierung und damit auf völlig verschiedenen Marktgrößen, aber auch auf einer Politikverhaftung, die noch aus dem 19. Jahrhundert herrührt und vergleichsweise spät aufgelöst wurde, auf einer späten Institutionalisierung der Ausbildung und einer durchaus zaghaften gewerkschaftlichen Selbstorganisierung der lohnabhängigen Medienschaffenden. Im Fazit der Studie wird festgestellt: Der journalistische Berufsstand ist heute verunsichert, die Grenzen zwischen Journalismus und Public Relations und zwischen Journalismus und Werbung werden mehr und mehr verwischt, ökonomische Prioritäten überlagern die publizistischen zum Teil deutlich, das Internet schiebt sich zwischen die Journalisten und ihr Publikum. Daraus werden aber auch direkte Schlussfolgerungen für Beruf und Forschung abgeleitet: für eine systematisierte Ausbildung, angeglichene Löhne, modernisierte Strategien in Redaktionen und Management und interaktive Netz-Regien durch Informationslotsen genauso wie für eine weitere Strukturuntersuchung ab dem Jahr 2010, teilnehmende Beobachtungen in Redaktionen und für systematische, inhaltsanalytische und zugleich produktspezifische Qualitätsvergleiche, um feststellen zu können, ob Journalismus wirklich die Leistungen erbringt, die sein Publikum von ihm erwartet.