Die soziale Aufgabe des Privatrechts
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Im Anschluß an die Veröffentlichung des ersten Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich 1888 entstand in der juristischen Fachöffentlichkeit eine mitunter heftige Diskussion über die soziale Aufgabe des Privatrechts, an der sich nicht nur Berühmtheiten wie Otto Gierke, Heinrich Dernburg und Anton Menger beteiligten. Tilman Repgen untersucht den inhaltlichen Zusammenhang dieser Diskussion mit dem ersten Entwurf. Anschließend behandelt er die Wirkung der Kritik auf das weitere Gesetzgebungsverfahren und schließlich auf das BGB selbst. Die soziale Aufgabe des Privatrechts ist die einzige Frage nicht normativ-dogmatischer Art, die damals in ganz grundsätzlicher Weise behandelt worden ist. Die historische Analyse der Diskussion hat die Entwicklung der vier sozialen Topoi Gemeinschaftgedanke, Schutz des Schwächeren, soziale Freiheit und sozialpolitischer Ausgleich ermöglicht, mit deren Hilfe ein systematisches Verständnis der verschiedenen kritischen Stellungnahmen zum Entwurf und den späteren Fassungen des Gesetzestextes gelingen kann. Die bisher übliche Beschreibung des Sozialmodells des BGB erscheint im Hinblick auf diese Erkenntnisse als überholt. Schon der erste Entwurf, wie auch erst recht die späteren Fassungen des Gesetzes, war weit sozialer, als es die im Ansatz ziemlich allein gebliebene Kritik von Otto Gierke ahnen läßt. Die historisch gestellte Frage berührt die Grundlagen des geltenden Privatrechts, da das nun gerade 100 Jahre in Kraft befindliche BGB nach wie vor seinen Kernbereich darstellt. Für die Standortbestimmung des bürgerlichen Rechts in der Gegenwart ist die Aufklärung dieser Grundsatzfrage des Gesetzgebers eine längst überfällige Notwendigkeit.