Edvard Munch, Vampir
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In der Liebe sieht Edvard Munch die Kraft, die den Tod dadurch überwindet, dass neues Leben geschaffen wird. Die Begegnung zwischen Mann und Frau hat aber Aspekte, die der hohen Funktion der Liebe im Leben der Menschen widersprechen: Eifersucht, Trostbedürfnis, bezahlte Gefühle in Ehe und Bordell. In Munchs Zyklus „Lebensfries“ findet das Liebesmotiv seine zentrale Ausdrucksform. Das zum Zyklus gehörende Gemälde „Vampir“ (ursprünglich „Liebe und Schmerz“) offenbart für Munch wesentliche Züge des Verhältnisses von Mann und Frau – keinen Vampirismus im physischen Sinne, sondern den von Munch als problematisch dargestellten Versuch der Frau den Mann durch ihre Liebe an sich zu binden. Im „Lebensfries“ offenbart sich auch Munchs naturphilosophische Auffassung einer alles Leben und Sterben umfassenden Bewegung, in der Leben und Tod zwei Stadien im Kreislauf der Natur sind. In der lithographischen Version der „Madonna“, eines ebenfalls zum „Lebensfries“ gehörenden Bildes, wird der Kreislauf durch einen kleinen Fötus und Spermien um den Bildrand herum versinnbildlicht. Wenn sie Leben hervorbringt, erscheint die Frau nicht bedrohlich, sondern heilig. Indem sie für den Fortbestand der Generationen sorgt, ist sie einerseits mit der Unsterblichkeit und andererseits mit dem Tod verbunden; dies lässt sie für Munch zum Symbol aller nicht kontrollierbaren Kräfte im Dasein werden. Der Künstler: Edvard Munch, 1863-1944, zählt zu den bedeutendsten Wegbereitern der modernen Kunst. Seine Ausbildung begann er 1881 in der Zeichenschule in Kristiana (heute Oslo). Als er 1892 auf einer Ausstellung in Berlin seine Werke zeigte, rief dies heftige Kontroversen hervor. Der „Munch-Skandal“ führte zur Gründung der Berliner Sezession. Munch hat als Wegbereiter des Expressionismus vor allem die Kunst in Deutschland, wo er sich von 1892 bis 1907 meist aufhielt, maßgeblich beeinflusst.