Schule zwischen materieller und virtueller Lernkultur
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Gibt es in den allgemeinbildenden Schulen in Deutschland so etwas wie eine dominierende Lernkultur? Wenn ja, dann war diese lange Jahre philologisch geprägt. Ab Ende der 60er Jahre verstärkte sich die Forderung nach einer Berücksichtigung lebenspraktischer, auf Erwerbs- und Hausarbeit vorbereitende Bildungsangebote. Seit den80er Jahren wird eine Neuorientierung von Allgemeinbildung diskutiert, in der die auf Existenzsicherung abzielenden Fähigkeiten und Fertigkeiten als Anspruch einer allgemeinen Bildung formuliert werden. Technik, Ökonomie und Haushalt stellen Gegenstandsbereiche dar, die sich einerphilologisch orientierten Lernkultur verweigern, sie sind prinzipiell auf Erfahrungshorizonte angewiesen, die materielles handelndes Umgehen einschließen. Wo diese Lernangebote in die reale schulische Praxis umgeSetzt werden, kann vom Einzug der materiellen Lernkultur in der allgemeinbildenden Schule gesprochen werden: Konkrete AuseinanderSetzungen in praktischen Handlungsvollzügen in Werkstatt und Labor, in Betrieben und an anderen außerschulischen Lernorten sind hierfür wichtige Merkmale. Gegenwärtig registrieren wir in allen gesellschaftlichen Bereichen ein Phänomen, das als Aufkommen einer virtuellen Lernkultur umschrieben werden muss. Schulen sind hiervon direkt beeinflusst als sich an die flächendeckende Ausstattung der Schulen mit Computern große Hoffnungen knüpften im Hinblick auf die Verbesserung der Qualität des Lernens und den Anschluss an die Berufswelt. Lehrende sind einem AngebotsdruckausgeSetzt, der es nahe zu legen scheint, den konkreten Erkundungsgang etwa in ein Museum oder in einen Betrieb durch eine animierte medial vermittelte Simulation zu erSetzen, Lernen zunehmend über Bewegungen in Lernlandschaften von virtuellen Räumen zurealisieren. Hier entsteht ein neues fach- und lernbereichsdidaktisches Problemfeld miterheblichem Klärungsbedarf: Inwieweit können materielle und virtuelle Lernkulturensynergetische zusammenwirken? Könnte sich in einer wechselseitigen Bedingung eine neue Qualität des Lernens einstellen? Welches wären hierfür die geltenden Rahmenbedingungen, etwa die Ausstattung von neuen Lernlaboren und -werkstätten? Welche Perspektiven ergeben sich für veränderte Organisationsformen des Lernens und entsprechender Lernumgebungen? Welche Auswirkungen könnte dieses auf die Gestaltung von Schule haben? Eine Gruppe von Autoren dieses Sammelbandes kommt aus sozial- und bildungswissenschaftlichen als auch fachdidaktischen Forschungs- und Entwicklungszusammenhängen. Sie stellen Grundsatzbeiträge vor und thematisieren Grundfragen. Die andere Gruppe von Autorinnen und Autoren berichtet unter den genannten Fragestellungen aus ihren schulischen und unterrichtspraktischen Erfahrungen sowie aus ihren curricularen und didaktischen Entwicklungsarbeiten.