Zarathushtra entre l'Inde et l'Iran
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Nicht nur sind Sammelbände mit dem Kernpunkt Avestisch eine Seltenheit, die vorliegende, anlässlich des 65. Geburtstag von Jean Kellens, Professor der indoiranischen Philologie am Collège de France, gesammelte cornucopia von 27 Aufsätzen mitsamt einer vollständigen Bibliographie beleuchtet unterschiedlichste Aspekte. Die Beitragenden wurden ausgewählt, um erstens den Werdegang des Jubilars zu veranschaulichen – von Lüttich unter Jacques Duchesne-Guillemin zur prestigereichen Pariser Hochschule via Karl Hoffmanns renommierter Erlanger Schule, die in den Jahren 1950-1975 die Lehrmeinung in der Indoiranistik und Indogermanistik auf eine neue Basis setzte, um zweitens die von Jean Kellens ausgegangenen neuen Impulse in der Exegese des Avesta (des heiligen Messbuches des Mazdaysnismus oder Parsismus, der vorislamischen Religions Irans) zu verdeutlichen, und demzufolge, um drittens, wie es besonders im Vorworte hervorgehoben wird, die Entwicklung des Faches und die Dilemmen, die Faltlinien zwischen Religions- bzw. Literarhistorikern bilden, darzulegen. Seit der Bekanntwerdung des Avestatextes streiten sich die europäischen Gelehrten immer wieder, ob es sich um eine unter den Sassaniden kompilierte Sammlung von Fragmenten handelt, die zusammengenommen keinen Sinn ergeben, oder ob es lange unversehrt zusammenhängende Abschnitte enthält. Jean Kellens hat diesen gordischen Knoten durchschnitten, indem er nach formellen Kriterien der Einheit (Wiederholungen von Kehrformeln usw.) suchte, die auf ursprünglich einheitliche Stücke Rückschlüsse erlaubten, sowie umgekehrt nach alten, noch in der Zeit der Verfassung des Avesta erfolgten Juncturen ehemals unabhängiger Stücke oder alten Kommentaren ebensolcher. Gegenstand der Untersuchung wurde dadurch nicht mehr die Absicht des Urverfassers, sondern der Gebrauch (und u. U. Umwidmung) und Ideologie der Texte in einem (wofür sich das Avesta selbst nennt) priesterlichen Ritual. Mit diesem Aspekt der Kellenschen neuen Lehre, die im Grunde genommen darin besteht, dass er folgerichtig und explizit die Schlüsse der Erlanger „stillen sprachwissenschaftlichen Revolution“ für die Text- und Religionsgeschichte zog, setzen sich namhafte Autoren wie Alberto Cantera, Gnoli, de Jong, Herrenschmidt, Janda, Lincoln, Oettinger, Panaino, Pirart, Skjærvø und Swennen auseinander. Die allgemeine vergleichende Religions-, Stilistik- und Metrikgeschichte (ein weiteres Lieblingsthema Kellens’) werden durch Andrés Toledo, Heiner Eichner, Bernhard Forssman und Eva Tichy beleuchtet. Jean Kellens ist aber auch als Meister der avestischen Grammatik anerkannt worden: Während de Vaan, García-Ramón, Toshifumi Goto, Junko Sakamoto-Goto und Nicholas Sims-Williams durch Kellens’ maßgebliches „Verbe Avestique“ geöffnete Wege weiterführen, untersucht Xavier Tremblay erneut ein vom Jubilar im Jahre 1976 entdecktes Lautgesetz. Diese Festschrift ist ein Denkmal für die Methode der Erlanger Schule, nur eine erneute Rückkehr zu den Quellen, die frei von vorgefassten Meinungen aber grammatisch tadellos ist, dabei Schritt für Schritt vorgeht und jede mögliche Interpretation - möge sie auch albern oder ulkig aussehen - abwägt, wird das Material wieder fruchtbar machen (Beispiele dafür sind die Beiträge von Lubotsky, Ritter und Schweiger).