Lokale Musealisierung als Identitätsstrategie in Mexiko
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Um das Jahr 1900 traten in Mexiko indigene Kulturen auf der „Bühne“ der Hauptstadtmuseen erstmals aus dem Schatten ihrer präkolumbischen Vorfahren: Nichtindigene Kuratoren des „Museo Nacional“ hatten die zuvor rein archäologische Schau durch Objekte „lebender“ Ethnien ergänzt, die bis dahin in Repräsentationen von Nationalidentität fast komplett ignoriert worden waren. Seit Mitte der 1980er Jahre nimmt die indigene Bevölkerung nun selbst das Heft in die Hand und eröffnet ihre eigenen lokalen Museen. Welche Ziele verfolgt eine indigene Gruppe in Mexiko, wenn sie sich selbst museal ausstellt und somit eine Momentaufnahme ihrer kulturellen Identifikationsprozesse öffentlich zeigt? Wie werden Objekte, Geschichte(n) und (Lebens-) Räume dabei umgedeutet oder sogar neu erfunden? Zeichnen sich die dabei entstehenden „eigenen Essentialisierungen von sich selbst“ durch spezifisch „indigene“ Charakteristika aus? Diesen und anderen Fragen widmet sich die Mesoamerikanistin und Museologin Anne Slenczka in dieser Feldforschungsstudie. Vor dem Hintergrund außermusealer Kontexte untersucht sie, wie im Gemeindemuseum eines mixtekischen Ortes Bezüge auf materielle Kultur, Vergangenheit und (Lebens-) Raum als Ressourcen der Identitätskonstruktion verwendet werden. Sie analysiert, inwieweit die Ausstellung als Akteursstrategie in verschiedenen nationalen, regionalen und internen Feldern verortet ist und gleichzeitig als „kultureller Raum“ und „Brennpunkt von Identitäten“ Gegenstand spontaner Bedeutungskonstruktionsprozesse durch ihre Besucher sein kann. Diese facettenreiche ethnografische Betrachtung des Museums leistet nicht nur einen inspirierenden Beitrag zur Erforschung mixtekischer kultureller Praxen und zur allgemeinen Museologie. Das Buch bietet auch wertvolle Denkanstöße für das Verständnis von Identifikationsprozessen im Kontext von Erinnerungskulturen, der Konstruktion kultureller Räumlichkeit und von Konzeptionen materieller Kultur. Die Studie stellt zudem ein wegweisendes, theoretisch fundiertes Modell der Kontext- und Ausstellungsanalyse vor, das auf verschiedene Museumsarten anwendbar ist und Perspektiven für die praktische museale Identitätsarbeit eröffnet.