"Das Liebeskonzil"
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Maria, die Mutter Jesu als sexuell unbefriedigte Emanze des späten 19. Jahrhunderts, Jesus als blutleeres, weltfremdes Muttersöhnchen, Gottvater als zornentbranntes Zerrbild des Zeus, vor sich hin kränkelnd, machtlos dem verdorbenen irdischen Treiben der Menschen ein Ende zu setzen und deshalb von Versagensängsten in den Wahnsinn getrieben. Der einzige sympathische Charakter des Dramas ist der Teufel, der als Bohemien die Götter des christlichen Himmels so zu lenken vermag, dass die Ordnung des Kosmos nicht gänzlich aus dem Ruder läuft. Oskar Panizzas „Liebeskonzil“ ist eine Fundgrube für theologische Reflexion. Er übersprang als Bohemien der Münchner Moderne des beginnenden 20. Jahrhunderts persönlich und in seinen Schriften gesellschaftliche bzw. religiöse Grenzen, er inszenierte sich als ungeliebter Skandalierer, atheistischer Blasphemiker oder gab den aufklärerischen Kritiker zum Besten. Die vorliegende Arbeit ist einerseits eine Replik auf die Burleske Panizzas, andererseits wird die zeitgeschichtliche Relevanz des burlesken Dramas für Tirol aufgearbeitet. Das Innsbrucker Programmkino „Cinematograph“ versuchte die Verfilmung des „Liebeskonzils“ von Werner Schroeter in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vor einem handverlesenen Publikum vorzuführen, was durch das Einschreiten der Polizei verhindert werden konnte – der Film wurde beschlagnahmt. Daraufhin beschritt der Geschäftsführer des Kinos den Instanzenweg bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um für eine Aufführung des Films im Namen der Kunstfreiheit zu kämpfen.