Ein fast normales Leben
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Es ist Krieg. . Fliegeralarm: Erst seltener, später häufiger, gibt es Fliegeralarm. Natürlich ist nicht unser Bauernhof das Ziel, aber wir – bzw. „die Erwachsenen“ – haben trotzdem Angst. Mich beunruhigt nur das grausliche Heulen der Sirenen - Voralarm – Vollalarm – Entwarnung. Wir gehen in den Keller, in dem man Matratzen etc ausgelegt hat. Ich höre noch das Stampfen der Wasserpumpe und sehe über mir die an einer Stange aufgereihten roten Gummiringe für die Einmachgläser hängen. Nachts schlafen Rainer und ich dort während des Fliegeralarms ein und werden anschließend, ohne dass wir aufwachen, wieder nach oben in unsere Betten getragen. Unser an alles denkender Vater hat, für den Fall, dass wir im Keller verschüttet würden, einen zusätzlichen Notausgang direkt nach außen und mit einer dicken Splittermauer geschützt, bauen lassen. Außerdem hat Vater einen Erdbunker ca. 200m von unserm Hof entfernt am Rande einer großen Wiese graben lassen. Dieser Bunker besteht aus einem tiefen Graben, seitlich von Holzstämmen gegen das Erdreich geschützt und oben mit dicken Balken abgedeckt. Das Ganze ist ca. einen Meter mit Erde überschüttet und mit Grassoden gegen Sicht von oben geschützt. Drinnen ist es dunkel, feucht und muffig. Ich hasse diesen Raum und finde den Aufenthalt darin sowohl lästig als auch unnötig. Bei Fliegeralarm rennen wir alle – die anderen freiwillig und ich unfreiwillig – zu diesem Bunker, wobei ich das Pflichtjahrmädchen (Haushaltshilfe im Dritten Reich), das mich mehr schleppt als führt, beschimpfe: „Du hast ja mehr Angst als eine Erbse im Pott“. Heute unvorstellbar, doch vor vielen Jahren trauriger Alltag. Franz-Josef Brinkschulte zeichnet mit seinem Roman eine ganz normale Geschichte eines Kindes, geboren 1939 im Münsterland. Mit vielen Fakten und Zeitzeugenerinnerungen schuf er ein historisches Werk über die Zeit des Krieges und der Nachkriegsjahre.