Der Bergmann und der Kanarienvogel
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Kanarienvögel reagieren schnell auf Veränderungen der Luft, daher wurden sie von den Bergleuten, sozusagen als Frühwarnsystem, in den Stollen mitgenommen. Gab es zu wenig Sauerstoff, hörten sie auf zu singen und fielen von der Stange. Mit ihrem Buch Der Bergmann und der Kanarienvogel begibt sich Catherine Safonoff auch unter Tage, hinein in das Bergwerk des Lebens. Radikal autobiographisch notiert sie alltägliche Begebenheiten, gekreuzt mit Rückblenden in die Vergangenheit und besonderen Lektüreerlebnissen. Der Handwerker im Haus, ein Sturz mit dem Velo in der Stadt, der Besuch des Enkels, der sich weigert, das Schreiben zu lernen, werden hier zu Momenten der Wahrheit, zur 'Stunde der wahren Empfindung', wie es bei Peter Handke heißt. Als roter Faden aber dient ihr eine Psychotherapie, die sie mit über siebzig Jahren antritt: Sie setzt sich aus, verliebt sich in den Therapeuten und erlebt noch andere Überraschungen, die sie nie für möglich gehalten hätte. Mit großer Gelassenheit, mit Anflügen von Melancholie und vor allem mit einer gesunden Portion Selbstironie gibt Catherine Safonoff in diesem Miniaturenroman ihr Leben preis. Sie schreibt ohne Netz, sie schreibt, ohne zu fallen.