Erzählungen aus der Welt der Bücher/Bibliotaph
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Brunner, ein Mann von fünfundsechzig Jahren, lebte zurückgezogen in einer Wohnung unter dem Dach eines alten Mehrfamilienhauses. Seine hagere Gestalt ließ auf viel Bewegung oder auf eine schmale Kost schließen, doch weder das eine noch das andere stimmte. Er verbrachte zwei Drittel seines Tages in der Stube bei den Büchern, die überbordend zahlreiche Regale füllten und sich auf dem Fußboden stapelten. Im Grunde genommen beanspruchten sie jeden freien Platz des Zimmers. Mittendrin stand ein altertümlicher Schreibtisch von einer Größe, die wundernahm, dass dieses Möbelstück hier überhaupt hinein manövriert werden konnte. Anders als der Raum mit seinem papiernen Getümmel, war die beinahe zwei Quadratmeter große Arbeitsfläche des Tisches stets fein säuberlich aufgeräumt. Auf ihr lag in der Regel nur ein einzelnes Buch, neben diesem ein halb beschriebenes Blatt Papier mit einem Stift. Zur Nachtzeit sortierte Brunner den Schreibtisch schließlich und nahm ein üppiges Nachtmahl ein, das ihm eine Haushälterin zubereitet hatte. In einer Karaffe stand ein Liter schwerer Wein dabei, die der Hausherr jeden Tag nach dem Essen leerte. Es war dies die Zeit der Besinnung, um die am Tage erfahrenen geistigen Genüsse aus seinen Büchern gedanklich aufzuarbeiten. Behaglich lehnte er sich zurück. Der Wein befeuerte seinen Kopf und versetzte Brunner in einen schwärmerischen Zustand. Heute allerdings war er von seiner Gewohnheit abgewichen und hatte das über den Tag bearbeitete Buch am Rand des Tisches abgelegt. Er wollte eben darin noch eine Ausführung fortsetzen, doch mochte es an diesem Tag der stärker ausgereifte schwere Wein gewesen sein oder eine Schwäche seiner Konstitution, Brunner empfand für einen Augenblick ....