Feuer am Dach
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Es gibt wohl mehr Bücher, Blogs und Magazine als Leserinnen und Leser. Im Wettlauf mit der Wucherung von Texten aller Art kann Literatur, wo sie nach Erkenntnisgewinn strebt, heute kaum noch mithalten. Vor allem der Essay hat hier zur Aufgabe, nicht Nebensächlichkeiten, sondern die bestimmenden Themen des Lebens aufzugreifen: Arbeit und Gesellschaft, Technik und Umwelt, Medizin und Kunst, Identität und Glaube, Macht und Gesetz. Die Welt, in der wir leben, ist uns weitgehend unbekannt. Meist kennen wir sie bloß bruchstückhaft, vom Hörensagen und Zusammenreimen. Für Forschen und Denken fehlt oft schlicht die Zeit. Die großen Ereignisse der Gegenwart ziehen, zumindest als Zerrbilder, an uns vorüber wie mediale heiße Lüftchen. Was uns als Menschen ausmacht, ist derweil für überholt und heikel erklärt worden: das Humane ebenso wie das Faktische. Zurück bleiben der Schein der Unüberschaubarkeit und ein Sein, das sich zunehmend in Zwängen, Nöten und Ängsten ausdrückt. Entsprechend widersprüchlich wird der menschliche Lebensraum gestaltet. Marktderegulierungen, Großmachtspielchen und Flüchtlingskrisen geben uns einen Vorgeschmack auf diese neuerliche allgemeine Verrohung. Materiell hat die Gegenwartskultur am alten Haus des Unrechts also emsig weitergebaut und es sich ideologisch darin recht häuslich eingerichtet. Allein, das Fundament wackelt, und längst ist Feuer am Dach...