Die Kassette
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Pavlos kann die Durchschnittlichkeit des Alltags, die Restriktionen und Demütigungen, die er mit sich bringt, nicht mehr ertragen. In seinen heimlichen Kassettenaufnahmen sowie in den Gesprächen mit seinem Freund Spiros spricht er von dem anderen Leben, dem großen Leben, das er in sich habe und das sich Tag für Tag verkleinere. Er sehnt sich nach einer großen Tat, die seine Existenz rechtfertigen würde, wie die des jungen Türken Agça, der das Attentat auf den Papst verübte und den Pavlos als Vorbild nimmt. Neben dem Protagonisten Pavlos versuchen auch die anderen Figuren aus ihren eigenen Sackgassen herauszukommen und sind dabei ständig zwischen zwei Positionen hin- und hergerissen: dem Verlangen nach Handlung und der Handlungsunfähigkeit. Wie keine Zweite in der neueren griechischen Dramatik wusste die 2017 verstorbene Autorin Loula Anagnostaki aus psychischen Nuancen, Schwankungen und Bewusstseinsschichten eine kompakte moderne Tragödie zu schreiben. Der tiefe Anthropozentrismus der Autorin geht Hand in Hand mit ihrem Interesse an der jüngsten Geschichte Griechenlands: an den historischen Sackgassen, nationalen Spaltungen und Illusionen sowie an den tiefen Wunden, die sie bei den Menschen hinterlassen hat. Mit dem Stück Die Kassette, das in der griechischen Realität der achtziger Jahre verortet ist und zugleich die Spuren der vorigen, blutigen Jahrzehnte trägt, liegt einer der besten Theatertexte von Loula Anagnostaki in deutscher Übersetzung vor.