Naturbetrachtungen
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HARRY MARTINSON (1904 -1978) gehört zu den Wegbereitern der lyrischen Moderne in Schweden. Unter dem Eindruck des amerikanischen „Imagism“ (Ezra Pound, Carl Sandburg) und der russischen Modernisten, später auch japanischerund taoistischer Lyrik, fand er zu einer bildstarken eigenen Sprache, mit der er seine Leser von Anfang an überzeugte. Sein vielseitiges Werk - neben der Lyrik auch Romane, Essays, Texte für das Radio und das Theater – ist Ausdruck einer wachen Zeitgenossenschaft, die vor allem von früher Kritik an einer einseitig technischen Entwicklung und einem Verantwortungsbewusstsein für die ganze Erde geprägt ist. Thematisch schlägt Martinson immer einen weiten Bogen: von den fernen Horizonten, die er aus seinen Jahren als junger Seemann kennt, bis zu den genauen Beobachtungen kleinster Details in der Welt der Pflanzen und Insekten. Diese „Naturminiaturen“ bilden einen Kern seines Werkes, dafür vor allem lieben ihn seine schwedischen Leser. In seinen späten Gedichtbänden verzichtet Martinson fast ganz auf Metaphern und philosophische Gedanken und lässt die Natur für sich selbst sprechen. Er setzt darauf, dass von einer solchen poetischen Begegnung mit Naturphänomenen eine Verwandlungskraft ausgeht, die zu neuer Ehrfurcht und Verantwortungsgefühl gegenüber der Natur und ihren Gesetzen führen kann. Martinsons Aktualität in Schweden zeigt sich darin, dass sein lyrisches Epos „Aniara“ immer wieder neu vertont und inszeniert wird, 2019 auch in einer Filmversion. Diese „Revue vom Menschen in Zeit und Raum“ schildert aus der Perspektive eines Raumschiffes, das vom Kurs abgekommen ist, den Blick auf die zerstörte Erde. Unter anderem für dieses Werk erhielt Harry Martinson 1974 (gemeinsam mit seinem Generationsgenossen Eyvind Johnson) den Nobelpreis „für ein Werk, das den Tautropfen einfängt und den Kosmos spiegelt“. Aus dem Nachwort von Peter Zimmermann