Handgebundene Prachteinbände des Historismus im deutschsprachigen Bereich
Autoren
Mehr zum Buch
Mit Band 14 publiziert der Verlag Anton Hiersemann in seiner Reihe Denkmäler der Buchkunst erstmals eine wissenschaftliche Untersuchung zur Einbandgestaltung der Neuzeit. Der handgebundene Prachteinband des späten 19. Jahrhunderts war bislang weder in der Buch- noch in der Kunstgeschichte Thema umfassender Forschung. Im Textteil veranschaulicht die Autorin zunächst die soziokulturellen Bedingungen der Zeit und erläutert deren Einwirken auf das zeitgenössische ästhetische Empfinden. Stilpluralismus und Eklektizismus werden als konsequente Umsetzung des Zeitgeistes verständlich, als gestalterische Antwort auf die allgemeine, gründerzeitliche Verunsicherung. Zudem wird jedoch die Notwendigkeit einer Kunstgewerbereform erklärt, war doch bereits den Zeitgenossen die Minderwertigkeit deutschen Kunsthandwerks spätestens durch den internationalen Vergleich bei der ersten Weltausstellung 1851 in London vor Augen geführt worden. Der Einfluß der Industrialisierung auf das Kunsthandwerk wird am Beispiel der Buchbinderei ausführlich dargestellt. Neben technischen Neuerungen waren auch das veränderte Kaufverhalten und das neue Selbstverständnis des Handwerks ausschlaggebend für die Buchkunst des Historismus. Die erforderliche Distanzierung zur Massenware war ein maßgeblicher Auslöser für die Etablierung des Einbandes als autonomes künstlerisches Werk, dessen schützende Funktion zugunsten des ästhetischen Eigenwertes und der gesellschaftlichen Anforderungen hintangestellt wurde. - Prachteinbände wurden nicht nur für Bücher, sondern auch für Alben und Mappen gefertigt, die weniger gebraucht wurden, sondern eher der Repräsentation dienten. Beliebt waren diese üppigen Prunkstücke vor allem in adligen Kreisen und beim wohlhabenden Bürgertum, welches mit den historistischen Stilzitaten seine neue gesellschaftliche Position gestalterisch untermauern wollte. Nach Materialien und Techniken gegliedert werden die vorgestellten Prachteinbände besprochen, wobei jeweils die Abhängigkeit der Formensprache von den herrschenden soziokulturellen Anforderungen herausgearbeitet wird. So kann man an den Einbänden häufig Empfänger, Anlaß und Darbringer des als Geschenk gefertigten Werkes ablesen. Ein Verzeichnis der erfaßten Buchbinder und Werkstätten, eine ausführliche Bibliographie sowie ein Glossar vervollständigen den Textteil. Einen hohen wissenschaftlichen Wert hat der Abbildungsteil, der 168 Werke präsentiert und die Gattung des historistischen Prachteinbandes erstmals repräsentativ vorstellt. Neben den technischen Daten ist hier jeweils eine Beschreibung der zum Großteil bis dato unveröffentlichten Arbeiten zu finden.