Die Rolle des § 264 Abs. 2 HGB - true and fair view - im deutschen Bilanzrecht

Der Grundsatz des true and fair view, der durch Umsetzung der sog. Bilanzrichtlinie Einzug in das deutsche Recht hielt, führt zu bemerkenswerten Änderungen im deutschen Bilanzrecht. So hat der Jahresabschluss fortan nicht mehr die Ausschüttungsbemessung, sondern die Informationsvermittlung zur Hauptaufgabe. Die hierarchische Struktur der GoB wird ebenso wie der Inhalt vieler GoB geändert. Die Ursache für diesen Wandel liegt in den europarechtlichen Vorgaben, weshalb Auslegungsfragen, insbesondere der Auslegung von Richtlinien, eine maßgebliche Bedeutung zuzumessen ist. Der Paradigmenwechsel im Bilanzrecht von der Gewinnbemessung hin zur Informationsvermittlung erfolgt reibungslos bei bestehender Gesetzeslage. Das Informationspotential des HGB ist dabei immens. Gleichwohl erfährt der gesellschaftsrechtliche Grundsatz der Kapitalerhaltung keine Einbußen. Schließlich wirken sich die Umbrüche des Handelsbilanzrechts auf das Steuerrecht aus. Es entstehen selbständige Grundsätze ordnungsgemäßer steuerrechtlicher Buchführung.