Lebensdauervorhersage für keramische Bauteile unter Thermoschockbelastung
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Das Versagen keramischer Bauteile wird durch Fehlstellen im Grundmaterial und an der Bauteiloberfläche verursacht. Da die Größe der natürlichen Fehler und damit auch die Werkstofffestigkeit variiert, werden zur Beurteilung der Zuverlässigkeit keramischer Komponenten statistische Methoden verwendet. Nach der so genannten „Weibull-Theorie“ oder „Theorie des schwächsten Kettengliedes“ lässt sich für eine gegebene Belastung die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Komponente vorhersagen. Bei der Anwendung dieser Methode wird impliziert, dass die auftretenden Spannungen entlang eines Risses als konstant vorausgesetzt werden können, d. h. die Variation der Spannungen im Bauteil ist klein gegenüber den typischen Abmessungen der Fehler im Material. In den meisten Fällen ist diese Annahme erfüllt, und es können gute Vorhersagen erzielt werden. Unter Thermoschockbelastung treten dagegen an der Bauteiloberfläche so starke Spannungsgradienten auf, dass diese Annahme verletzt ist. Häufig fällt bei einem Abkühl-Thermoschock die Spannung innerhalb der Abmessung typischer Fehlergrößen auf einen Bruchteil der Randfaserspannung ab. Mit den vorhandenen Methoden führt die Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeit einer Komponente unter Thermoschockbelastung zu einer deutlichen Unterschätzung der Lebensdauer. Dabei kann es passieren, dass eine nicht akzeptable Ausfallwahrscheinlichkeit vorhergesagt wird, obwohl das Bauteil der gegebenen Last ohne weiteres Stand hält. Für eine Bauteilauslegung sind solche Vorhersagen zu konservativ. In dieser Arbeit wird eine Methode vorgestellt, wie Ausfallwahrscheinlichkeiten unter Berücksichtigung starker Spannungsgradienten berechnet werden können. Als Anwendungsbeispiel dient der Thermoschock, wie er typischerweise beim Schnellschluss einer Gasturbine auftritt. Es wird die theoretische Bestimmung solcher Ausfallwahrscheinlichkeiten im Rahmen der Weibulltheorie hergeleitet. Außerdem wird ein Algorithmus vorgestellt, mit dem auf der Grundlage einer Spannungsverteilung mittels Finite-Elemente-Analyse eine numerische Berechnung solcher Ausfallwahrscheinlichkeiten erfolgen kann. Der Effekt von Spannungsgradienten auf die Lebensdauervorhersage einer keramischen Komponente wird anhand zweier Beispiele demonstriert.