Tradition und Neuinterpretation im ersten Johannesbrief
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Der Erste Johannesbrief steht in der schon im Johannesevangelium zu beobachtenden eigentümlichen Traditionsbewegung, die bestimmt ist durch das Ineinander von bewusster Übernahme und eigenständiger Neukonzipierung der jeweils vorgegebenen Tradition. Den Nachweis dafür erbringen die genauen Analysen der wichtigsten Themenkomplexe des Briefs im jeweiligen Vergleich mit den entsprechenden 'Bezugstexten' des Evangeliums. Als treibende Kräfte für die dadurch zutage tretende Neukonzipierung wirken sowohl die Entfaltungsbedürftigkeit der Tradition als auch der aktuelle Konflikt um ihre rechte Auslegung: Der Verfasser des Johannesbriefs bezieht Position, um die Tradition gerade durch ihre Neukonzipierung zu bewahren. Aus diesem Umgang mit vorgegebener Tradition, für den sich auch im übrigen Neuen Testament zahlreiche Beispiele finden, ergeben sich Folgerungen für das Verständnis des neutestamentlichen Kanons als Festschreibung von Traditionen, Traditionsbewegungen und für die kirchliche Verkündigung: Treue zur Tradition bewährt sich nur im Mut zu deren Neuinterpretation.