Armuts- und Fremdheitsdarstellungen, Deutungshorizonte, Wirklichkeitsorientierungen und historische Hintergründe in der Chronik des franziskanischen Mönches Johannes von Winterthur
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Die vorliegende Forschungsarbeit geht der bislang unbeantworteten Frage nach, auf welchen Verständnisebenen Prozesse der Massenverarmung in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts geistig verarbeitet wurden und in welchen Fällen die hiermit verbundenen xenogenetischen Vorgänge zur Etablierung negativer Gruppenstereotypen beitrugen. Zudem soll geklärt werden, inwieweit die Zuschreibung überindividueller Merkmale auf empirisch ableitbaren Wirklichkeitssedimenten beruhte und unter welchen Umständen reale Entitäten nur noch verfremdet oder überhaupt nicht mehr wahrgenommen wurden. Für das Dissertationsvorhaben wurde die Chronik des Franziskaners Johannes von Winterthur (= 'Vitoduran') als Zentralquelle ausgewählt. In dem am Bodensee entstandenen Werk präsentieren sich die soeben skizzierten Sach-, Deutungs- und Problemzusammenhänge in teils stärker und teils schwächer verbundener Form. Die historische Kulisse im Hauptteil bilden die Auseinandersetzungen Ludwigs des Bayern mit Papst Johannes XXII. (1316–34), Benedikt XII. (1334–42) und Clemens VI. (1342–1352) bis zur hereinbrechenden Pestpandemie 1347/48 im mediterranen Raum. Die vielfältigen gesellschaftsrelevanten Dimensionen dieses Machtkampfes, in den dann auch noch die überaus tiefgreifende Kontroverse des franziskanischen Armutsstreites einfließen sollte, bestimmten in unverkennbarer Weise die Gedankenwelt des Autors und verliehen der Chronik ihr eigentümliches Gepräge.