Die Bischofswahlen im Deutschen Reich 1887 bis 1914
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Erstmals liegt eine Gesamtdarstellung aller Bischofswahlen im Deutschen Reich zwischen Kulturkampf und Erstem Weltkrieg einschließlich der Weihbischofsernennungen vor. Auf der Basis sowohl der staatlichen Überlieferung als auch der kirchlichen Akten, insbesondere auch aus den Vatikanischen Archiven, ergeben sich zum Teil erstaunliche Einblicke in die Rekrutierungsmechanismen des Personals für die Besetzung der Bischofsstühle. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den staatlichen Bemühungen, gegen den herrschenden Trend des vom Ultramontanismus geprägten katholischen Bevölkerungsteils und der überwiegenden Mehrheit im Klerus staatsloyale Kandidaten durchzusetzen. Dass dies im katholischen Bayern aufgrund der dort dem König vorbehaltenen Bischofsernennung eher gelang als in Preußen und den übrigen protestantischen Staaten, wo die Domkapitel den Bischof wählten, mag im ersten Augenblick überraschen, liegt aber auf der Hand. Allerdings bedeutete das Recht des Herrschers auf Ausschließung von Bischofskandidaten einen nicht zu unterschätzenden Eingriff in die Wahlfreiheit der Domkapitel und damit in die kirchliche Selbstbestimmung. Auch wenn es den Staatsbehörden seit dem Ende des Kulturkampfs letztlich nicht mehr gelang, ihre Favoriten durchzusetzen, beeinflussten sie die Neubesetzungsvorgänge vakanter Bischofsstühle massiv. Insbesondere an wichtigen Bischofssitzen, wie etwa Breslau und Köln, oder dort, wo Nationalitätenkonflikte hinzu traten, übten staatliche Instanzen erheblichen Druck auf die kirchliche Personalpolitik aus. Dieses von der bisherigen Forschung kaum beachtete Konfliktfeld zwischen Staat und katholischer Kirche blieb über die Ära des Kulturkampfes hinaus bis zum Kriegsbeginn 1914 virulent und lässt das bisher vorherrschende Bild von der Anpassung der katholischen Kirche an Politik und Gesellschaft im Zeitalter des Wilhelminismus zumindest teilweise revidieren.