Auflehnung und Fall im syrischen Buch der Stufen (Liber Graduum)
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Gisela Fuchs‘ Studie widmet sich einem lange vergessenen und verkannten Werk der frühen syrischen Literatur, dem anonym überlieferten Buch der Stufen, das sich durch eine ganz eigenständige Theologie auszeichnet. Der Grundgedanke des Werkes ist die Auffassung, dass der Mensch die Rückkehr ins geistliche Paradies, d. h. die Herrlichkeit, die der Urvater Adam verloren hat, durch kompromisslosen Rückzug aus der Welt wiedererlangen kann. Von dem predigtartigen Charakter der dreißig Traktate hebt sich der besondere Motivkomplex von „Auflehnung und Fall“ ab. Hier geht es um das Problem, wie die Sünde in die Welt gekommen ist, um die zentrale Frage nach dem Ursprung des Bösen und nach der Gerechtigkeit Gottes. Das Stufenbuch geht in seiner Antwort weit über die bekannte Genesis-Erzählung hinaus; denn neben Adam, und in bemerkenswerter Parallelität zu ihm, tritt der Satan, „der Böse“, in Erscheinung. Wie der Satan hat sich auch Adam „aufgelehnt“ und ist zur Erde „gefallen“, doch im Gegensatz zu jener Personifikation des Bösen, die „freiwillig“ die Buße verweigert hat, können die „Kinder Adams“ mit freiem Willen und durch stufenweise Askese das verlorene Paradies zurückgewinnen. Die beiden Protagonisten dienen also als negatives und positives Beispiel für die Entscheidung des Menschen zum Bösen oder Guten. Der Verfasser des Liber Graduum greift bei der Ausführung seiner Theologie auf zahlreiche, meist nicht-biblische Überlieferungen zurück. Mit Hilfe der Textanalyse und auf der Basis von Originaltexten zeigt Fuchs die dem Stufenbuch zugrundeliegenden Traditionen auf und untersucht den Einfluss von alttestamentlichen Propheten, apokrypher Literatur, gnostischen Schriften und syrischen Kirchenvätern.