Rechtsprechung, Gesetzgebung, Lehre: Wer regelt das Strafrecht?
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Fragen zum „Rechtsmissbrauch im Strafprozess“ einerseits und zum „systematischen Verhältnis von Mord und Totschlag“ andererseits bildeten die beiden Themenschwerpunkte des zweiten Karlsruher Strafrechtsdialogs im Foyer der Bibliothek des Bundesgerichtshofs mit 120 namhaften Juristen aus Wissenschaft und Praxis als Teilnehmern. Die Vorträge der beiden Hauptreferenten Dr. Ruth Rissing-van Saan, Vorsitzende Richterin am BGH (2. Strafsenat), und Wolfgang Pfister, Richter am BGH (3. Strafsenat), erwiesen sich als Kristallisationspunkte, um die herum sich eine breite, teils kontroverse Diskussion entwickelte, zu der die teilnehmenden Wissenschaftler und Rechtspraktiker jeweils aus der ihnen eigenen Perspektive und Betrachtungsweise heraus konstruktiv neue Aspekte, Argumente und Gesichtpunkte beisteuerten, die am Ende der Tagung Professor Dr. Dr. h. c. mult. Claus Roxin, Ludwig-Maximilians-Universität München, in seinem Schlusswort zu dem Fazit veranlassten: „Es geht ein Kongress zu Ende, von dessen Erträgen wir noch lange werden zehren können. Denn nichts ist fruchtbarer als ein anregender Gedankenaustausch ... Ich glaube daher, dass die Debatten dieses Tages, wenn sie einmal gedruckt vorliegen, auch der Rechtsentwicklung förderlich sein können.“ Dr. Ruth Rissing-van Saan hatte in ihrem Referat zum systematischen Verhältnis von Mord und Totschlag die Position der Rechtsprechung, wonach die §§ 211, 212 StGB selbstständige Straftatbestände sind, ausführlich begründet und die dahinter liegende Rechtsprechungsgeschichte aufgezeigt, während Professor Dr. Hartmut Schneider, Bundesanwalt beim BGH, in einem darauf Bezug nehmenden Vortrag eher der in der Wissenschaft vorherrschenden Meinung zugeneigt schien, derzufolge § 211 eine Qualifikation des § 212 ist. Schneider nahm damit die Meinung der meisten Tagungsteilnehmer vorweg, die sich in der anschließenden Diskussion zu Wort meldeten. Der zweite Themenschwerpunkt, die Frage des „Rechtsmissbrauchs im Strafprozess“, bewegte ganz besonders die Strafverteidiger, die zum Strafrechtsdialog nach Karlsruhe angereist waren und sich in der Diskussion gegen einen allgemeinen Missbrauchsverdacht aussprachen, dem sich ihr Berufsstand zusehends ausgesetzt sehe. Zuvor hatte Wofgang Pfister, Richter am BGH (3. Strafsenat), als Hauptreferent fünf Thesen zum Rechtsmissbrauch im Strafverfahren aufgestellt, die im Anschluss zunächst von Professor Dr. Werner Beulke, Universität Passau, in einem darauf Bezug nehmenden Kommentar kritisch gewürdigt worden waren. Der Tagungsband „Rechtsprechung, Gesetzgebung, Lehre: Wer regelt das Strafrecht?“ dokumentiert den gesamten Verlauf des zweiten Karlsruher Strafrechtsdialogs.