Funktionelle Charakterisierung spannungsabhängiger Kalium- und Natriumkanäle in humanen neuralen Vorläuferzellen
Autoren
Mehr zum Buch
AuszugSpannungsabhängige Ionenkanäle gehören zu den grundsätzlichen Regulatoren neuronaler Erregbarkeit. Die Ausbildung spannungsgesteuerter Kaliumströme (Kv) erfolgt bereits frühzeitig im Verlauf der Hirnentwicklung und ist ein Hinweis auf die funktionelle Notwendigkeit dieser Ströme für die Proliferation und Differenzierung von Vorläuferzellen. Diese Hypothese wurde an kultivierten humanen neuralen Vorläuferzellen (hNPCs) als in vitro-Modell untersucht. Proliferierende hNPCs exprimierten ein breites Spektrum von Kv-Kanalsubtypen. Die Kv-Gesamtzellströme wurden biophysikalisch in zwei Stromkomponenten untergliedert: In eine transiente Komponente, die charakteristisch für schnell inaktivierende A-Typ-Kaliumkanäle ist, und in eine nichtinaktivierende Komponente, die von „delayed rectifier“-Kanälen produziert wird. Die pharmakologische Charakterisierung ergab unterschiedliche Sensitivitäten der beiden Komponenten gegenüber selektiven Neurotoxinen (Margatoxin und α-Dendrotoxin) sowie gegenüber weniger spezifischen Kv-Antagonisten (Tetraethylammoniumchlorid, 4-Aminopyridin und Chinidin). Die chronische Hemmung von A-Typ-Kv-Strömen störte den Zellzyklus und beeinträchtigte die Proliferation von hNPCs. Dieses Ergebnis unterstreicht die essentielle Bedeutung dieser Ströme für die Proliferation und Entwicklung unreifer multipotenter Zellen. Die Ausbildung elektrischer Eigenschaften wird maßgeblich durch die sich verändernde Expression und Aktivität von Ionenkanälen beeinflusst. In vitro blieb die funktionelle Reifung von hNPCs bislang unvollständig, vor allem in Hinsicht auf die Ausprägung von Natriumströmen und Aktionspotentialen. Dieses Problem konnte durch eine Veränderung des Ionenflusses im Laufe der Differenzierung optimiert werden. In Anlehnung an den physiologischen Wechsels von depolarisierenden zu hyperpolarisierenden Bedingungen, welcher im Verlauf der frühen Hirnentwicklung auftritt, wurde ein 2-Phasen-Differenzierungsprotokoll entwickelt. Dieses unterstützte signifikant die Ausbildung neuronaler Eigenschaften - es erhöhte das Neuritenwachstum sowie die spannungsaktivierten Natriumeinwärtsströme und förderte die Ausbildung von repetitiven Aktionspotentialen. Demzufolge ermöglichen depolarisierende gefolgt von hyperpolarisierenden Kulturbedingungen den sich entwickelnden hNPCs die Ausprägung reifer funktioneller Eigenschaften und erhöhen damit ihr therapeutisches Potenzial.