Der Roman „Die Hummerschwestern“ ist für mich ein beeindruckendes literarisches Werk. Der Roman ist psychologisch komplex, voller destruktiver Familienbindungen, fern von einfachen Täter-Opfer-Zuschreibungen oder Schwarz-Weiß-Erzählungen. Stattdessen zeigt er Ambivalenzen, subtile Dynamiken und die Komplexität menschlicher Beziehungen. Es geht um Trauma, Verlust, emotionale Vernachlässigung, sexuelle Gewalt und Gewalt allgemein, Armut, Sucht. Die Autorin schafft es, diese Themen zwischen den Zeilen durchschimmern zu lassen. Genau darin liegt die Stärke des Buches. Man spürt die Schwere, die Ohnmacht, die beklemmende Atomsphäre. Es ist keine leichte Kost, aber grade deshalb so bewegend. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Besonders diejenigen, die schonmal subtile Gewalt erlebt haben, werden in den Figuren und Dynamiken vieles wiedererkennen. Für mich liest sich der Text wie eine Geheimsprache: Manche erkennen sie sofort, andere übersehen sie (und halten das Buch deshalb für „langweilig“). Dieses Buch wirkt in mir nach. Eine klare Leseempfehlung.
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Geschenkausgabe im kleinen Format, bedrucktes Ganzleinen mit Lesebändchen. Nach Beverly Jensens viel zu frühem Tod von ihrer Familie veröffentlicht und von Autoren und Presse gefeiert. New Brunswick, Kanada, am Rande einer zerklüfteten Steilküste. Hier leben die Schwestern Idella und Avis allein mit ihrem chaotischen Vater. In einer Welt, die aus nichts als Kartoffelfarmen, Hummerfallen und harter Arbeit zu bestehen scheint. Wäre da nicht das diebische Dienstmädchen Maddie. Und der schrullige Doktor, der ein Geheimnis hütet. Und natürlich Avis’ störrische Kuh Bossy, die eines Tages beinahe im Schlamm versinkt. Über sieben Jahrzehnte hinweg begleiten wir die unvergesslichen Schwestern von Kanada nach Maine, wo Idella in einem Gemischtwarenladen bedient, während ihr Mann anderen Frauen nachstellt. Und wo Avis an einem stürmischen Wintertag etwas ganz Entscheidendes verliert ...