Nackt

Die 30-jährige Diablo Cody ist ein Phänomen. Mit ihrem Internet-Blog machte sie sich einen Namen, dann schoss sie raketenhaft in den Himmel der US-Literatur. Für ihr erstes Drehbuch erhielt sie einen Oscar, Steven Spielberg beschäftigt sie als Dialogberaterin. Besser und höher kann man eigentlich nicht kommen Nackt zeigt, dass Cody diesen kometenhaften Aufstieg mehr als verdient hat. Rasant, packend und komisch erzählt sie, wie sie (oder doch zumindest ihre Ich-Erzählerin) trotz einer eher biederen Biografie die Leidenschaft fürs Strippen entdeckt. Wie sie gleich beim ersten, gänzlich missglückten Auftritt durch den Alltag mit menstruierenden oder gynäkologisch ausladenden Kolleginnen alle romantischen Vorstellungen ihres Gewerbes verliert – und trotzdem von der Stripperstange im positiven Sinne nicht mehr loskommt. Und sie erzählt von ihrer Liebe zu ihrem coolen, (fast) perfekten Partner Jonny – und das, ohne auch nur eine Sekunde dem Kitsch zu verfallen. Nackt gibt sich als Enthüllungsroman. Aber er enthält auch unglaublich lyrische Passagen und Kapitel wie das über die „zehn besten Songs zum Strippen“. So kann man das Buch auch als Anleitung zum Auftritt bei Table-Dance-Partys oder Burlesk-Shows lesen. Aber egal, warum man Nackt zur Hand nimmt: so frisch, frech und frei von der Seele (oder Leber) weg – und dabei doch so strukturiert und gemessen – wie Diablo Cody hat lange niemand mehr geschrieben. Das ist eine völlig neue, von Teja Schwaner im Übrigen blendend ins Deutsche übertragene Stimme aus Amerika, von der man noch oft und viel lesen möchte. -- Stefan Kellerer