Gesellschaft im Wandel: Der Engel mausert sich
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Um das Leben und Streben einer Gesellschaft zu untersuchen, ist es manchmal ergiebiger, sich den zweitrangigen Autoren zuzuwenden. An ihrem Erfolg beim Publikum lässt sich die grosse Kluft erahnen, die die Masse von den früheren Geistern trennt. Auch auf der Bühne in Deutschland gelang es der hohen Literatur nicht, das breite Publikum zu unterhalten. Der sozialen Isolierung der hohen Dichtung folgt das niedere Niveau der Unterhaltungsliteratur. Zwischen diesen beiden Ex- tremen gab es im 19. Jahrhundert ein Theater, das unterhalten wollte, aber auch den gehobenen Ansprüchen eines gebildeten Bürgertums gerecht werden musste. Es befand sich in Wien, und «Eduard von Bauernfeld» war sein Dichter. Bauernfelds langes Leben (1802-1890) macht ihn zu einem idealen Forschungsobjekt, denn er spiegelt in seinen Werken die Ge- sellschaft seiner Zeit und ihren Wandel wider, den Wandel vor allem im Hinblick auf die Stellung der Frau. In ihrer Studie untersucht die Autorin den langwierigen Kampf der Frauen um eine bedeutendere Rolle und den allmählichen Wandel in ihrer Stellung während einer Zeit grosser politischer und sozialer Veränderungen. Die frühen passiven Figuren Bauernfelds, die sich Rousseaus Ideal nähern, werden von zwei aktiveren Typen abgelöst: Der Gruppe der Frauen, die innerhalb des Systems nach grösserer Bedeutung streben und durch Manipulation ihr Ziel erreichen, und der Gruppe jener Frauen, die sich auf die eigene Tüchtigkeit verlassen und direkt auf ihr Leben Einfluss nehmen wollen.