Italo Calvino ist einer der »letzten großen Zauberer der europäischen Literatur« (Mary McCarthy). Dieser wunderbare Roman gehört wie ›Der Baron auf den Bäumen‹ und ›Der Ritter, den es nicht gab‹ zu den Märchenromanen Italo Calvinos. Ironisch erzählt er vom Widerstreit zweier Seelen in einer Brust und über die notwendige Mischung aus Bosheit und Güte. Mit nur einem Auge, einem Ohr, einem halben Mund, einem Arm und einem Bein kehrt Medardo di Terralba aus den Türkenkriegen heim, um fortan auf grausame Weise zu herrschen. Als seine böse Hälfte sich auf abstoßende Weise in die schöne Schäferin Pamela verliebt, taucht plötzlich ein Doppelgänger auf: der gute Medardo. Es kommt zum Duell zwischen den beiden Hälften.
Unsere Ahnen Reihe
Diese Trilogie befasst sich durch fantastische Erzählungen mit Absurdität und Reflexionen über Identität. Jeder Roman stellt einen einzigartigen Charakter vor, dessen ungewöhnliche Situation die menschliche Natur und gesellschaftliche Normen untersucht. Die Reihe ist bekannt für ihren spielerischen Witz, ihre philosophische Tiefe und ihre zeitlose Anziehungskraft.




Empfohlene Lesereihenfolge
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Cosimo, 12jähriger Erbe des Hauses Piovasco di Rondò, ist mit einer entsetzlich tyrannischen Familie geplagt. Das Maß ist voll, als eines schönen Tages seine boshafte Schwester einen Topf mit ekelhafter Schneckensuppe kredenzt, die Cosimo tags zuvor noch vor ihrem Ende als Hauptgericht bewahren wollte. Nein, diese Suppe will er nicht länger im Kreise seiner Lieben essen, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen – denn es ist die Zeit der Aufklärung, die dem Menschen das Reich der Freiheit zeigen will. Also erhebt er sich von der Familientafel, steigt auf eine Steineiche – und wird den Rest seines Lebens den Boden nie wieder betreten. Nicht, daß er auf diesem einen Baum geblieben wäre: er erschließt sich vielmehr einen völlig neuen Lebensraum. Sein Leben dort oben unterscheidet sich indessen gar nicht so sehr von dem der »irdischen« Bewohner: Er jagt, liest sich durch ganze Bibliotheken, führt rege Briefwechsel mit Philosophen wie Rousseau und pflegt so manch amouröses Abenteuer im Schutz des dichten Laubes. Selbst an der Weltgeschichte nimmt er Anteil, unterstützt er während der Französischen Revolution doch die Franzosen und trifft sogar Napoleon. Von Baum zu Baum hangelt er sich so durchs Leben, bis er mit 65 Jahren sterbenskrank vom Landeanker eines Heißluftballons mitgerissen wird – und so das Reich der Bäume und das Buch verläßt.
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Innen hohl, besteht Ritter Agilulf nur aus Rüstung, Kampfgeist und Pflichtgefühl: Das Musterbild eines ordentlichen Soldaten. Doch ausgerechnet diesen ergebensten Kämpfer Karls des Großen trifft der Verdacht, zu Unrecht zum Ritter geschlagen worden zu sein.
Es ist eine kuriose Ahnengalerie, die uns Italo Calvino in seinen drei berühmten Märchenromanen vorführt: Da ist Medardo di Terralba, der aus den Türkenkriegen in zwei Hälften geteilt zurückkommt, von denen die eine abgrundtief böse, die andere dagegen absolut gut ist. Nicht weniger merkwürdig ist die Geschichte des zweiten Vorfahren: Als der zwölfjährige Cosimo eines Tages beschließt, auf die Bäume zu klettern, um fortan den Erdboden nicht mehr zu betreten, weiß seine entsetzte aristokratische Familie noch nicht, daß er eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts werden soll. Ein Muster an Präzision, Ordnung und Humorlosigkeit ist der dritte Vorfahr, ein Paladin Karls des Großen, der allerdings eine merkwürdige Eigenschaft hat: es gibt ihn nicht.