Welche Relevanz entfaltet die Subjektivierungsforschung in der Erziehungswissenschaft und in benachbarten Disziplinen? Der Band vereint grundlegende theoretische und methodologische Beiträge zur Subjektvierungsforschung mit Analysen, die verschiedene Dimensionen sozialer Ungleichheit in den Fokus rücken und teilweise auch miteinander verbinden. Die vielfältigen Beiträge des Bandes diskutieren zum Beispiel Ent/Subjektivierung und Handlungsfähigkeit als zentrale Begriffe der Subjektivierungsforschung und beleuchten unter anderem Rassismus und Postkolonialität als subjektivierende Rahmungen. Sie bieten damit differenzierte Einblicke in die Subjektivierungsforschung und ihre Bedeutung zur Analyse sozialer Ungleichheit. Inhaltsverzeichnis Addressing Inequality. Eine Einführung in die Forschungsperspektiven und -fragen von Subjektivierungsforschung (Nadine Rose) Comment on `Addressing (and) Inequality . Subjectivation and Desubjectivation in Education, and how Inequalities can be addressed (Charlotte Chadderton) Teil 1: Grundbegriffliche Auseinandersetzungen in der Subjektivierungsforschung Subjektivierungsforschung. Gesellschaftliche Verhältnisse, Reifizierung, Kritik (Antje Langer und Daniel Wrana) Verstandesmangel. Ein rassismuskritischer Vorschlag zur erziehungswissenschaftlichen Kant-Rezeption (Shadi Kooroshy, Paul Mecheril und Nadine Etzkorn) Die Un/Möglichkeit des Schwarzen Subjekts und Judith Butlers Konzeption von Subjekt/ivierung (Bettina Kleiner) The Subject of Rights. Recasting Agency in the Subjectivation Research (Lisa Pfahl und Boris Traue) Teil 2: Theoretische Analyseperspektiven in der Subjektivierungsforschung Hegemonietheoretische Perspektiven auf Staat und (negative) Subjektivierung (Denise Bergold-Caldwell und Gundula Ludwig) Autorisierung und Subjektivierung (Kerstin Jergus und Christiane Thompson) Anerkennung und Adressierung. Anmerkungen zu einem Denkstil (Norbert Ricken) Rassismus(-kritik) und Subjektivierung im weißen Bildungskontext der Hochschule (Aysun Do mu ) Zum Potential von Positionalität für Subjektivierungsforschung. Fragen und Impulse aus post/dekolonial-feministischer Perspektive (Saman A. Sarabi) Autor*innenverzeichnis
Norbert Ricken Bücher






Subjektivität und Kontingenz
- 444 Seiten
- 16 Lesestunden
Die Sprachlichkeit der Anerkennung
Subjektivierungstheoretische Perspektiven auf eine Form des Pädagogischen
Anerkennung markiert ein zentrales Strukturmoment pädagogischer Praktiken und gilt weithin unbestritten sowohl als Ziel als auch als Mittel pädagogischen Handelns. Die Fragen aber, was denn unter Anerkennung in pädagogischen Feldern – insbesondere in Schule und Unterricht – zu verstehen ist, wie Anerkennung praktiziert wird und zu welchen Effekten sie führt, sind hingegen weithin umstritten. Hier setzen nun die erziehungswissenschaftlichen Studien des Forschungsprojekts an und tragen in theoretisch, methodologisch und empirisch ausgerichteten Beiträgen zu einem umfassenden Verständnis von Anerkennung bei. Dabei werden an ausgewählten pädagogischen Praktiken jeweilige Anerkennungsmuster und -ordnungen herausgearbeitet und mithilfe eines adressierungsanalytischen Zugriffs auf ihre jeweiligen (Subjektivierungs-)Effekte hin untersucht. Dadurch gelingt es, den derzeitigen Diskurs der Anerkennung um eine eigenständige Perspektive zu bereichern.
Judith Butler: Pädagogische Lektüren
- 400 Seiten
- 14 Lesestunden
Wie kaum eine andere Philosophin provoziert Judith Butler gegenwärtig die Diskussion zentraler Kategorien wie Körper, Identität und Anerkennung, indem sie verbreitete und nicht selten festgefahrene Denkgewohnheiten irritiert und dekonstruiert. Damit löst sie sowohl philosophische als auch lebensweltliche und politische Auseinandersetzungen auf neue Weise aus. Während aber bisher auch in der Erziehungswissenschaft vorrangig ihre geschlechtertheoretischen Studien rezipiert wurden, blieben andere ihrer Studien zur Performativität sowie zur Anerkennungstheorie eher unberücksichtigt. Die Beiträge des Bandes gereifen diese auf, indem sie auch an die Arbeiten Judith Butlers zu Ethik, Politik und Anerkennung anknüpfen und die dort entwickelten Zusammenhänge von Körper, Subjekt, Macht und Performativität in den Blick nehmen und sowohl für die theoretische Grundlagenreflexion als auch für die empirische Erforschung von Erziehungs- und Bildungsprozessen zu nutzen suchen.
Die Diskussion über Bildung als Ausdruck von Selbstbestimmung, Selbstentfaltung und individueller Verwirklichung wird oft von einem ‘Humanismusvorschuss’ geprägt, der die vermeintliche ‘Vorzüglichkeit der Bildung’ hervorhebt. Bildung wird als noblerer Begriff angesehen als Erziehung, selbst wenn letztere emanzipatorische Potenziale hat. In der bildungstheoretischen Auseinandersetzung hat sich eine Thematisierungsform etabliert, die die Unvereinbarkeit von Bildung und Macht betont. Dies wird besonders durch Heydorns Diktum vom ‘Widerspruch von Bildung und Herrschaft’ verdeutlicht. Während die Auffassung, dass die “Frage der Bildung” letztlich die “Frage nach der Liquidation der Macht” sei, nicht von allen geteilt wird, bleibt das pädagogische Selbstbewusstsein stark von der Überzeugung geprägt, dass Bildung zur “Vermenschlichung der Macht” dient und nicht als “Instrument zum Erwerb von mehr Macht” betrachtet werden sollte. Diese Sichtweise beeinflusst sowohl das disziplinäre Selbstverständnis als auch die Rolle der Bildung in der Gesellschaft.
Das Buch zeigt neue Perspektiven für die Erziehungswissenschaften durch die dort bisher wenig rezipierten Arbeiten von Foucault auf.