Kindler Kompakt präsentiert in handlichen Ausgaben die wichtigsten Autoren und Werke eines Jahrhunderts. Dazu gibt es eine kompakte Einleitung des Herausgebers, der die Epoche verortet, die großen Linien zieht, das Wesentliche zusammenfasst.
Realisierungen in Literatur und Theorie vom 17. bis ins 21. Jahrhundert
532 Seiten
19 Lesestunden
Stimmung als zentrales produktions- und wirkungsästhetisches Kriterium moderner Kunst. Die ästhetisch-literarische Kategorie der »Stimmung« nimmt eine herausragende Stellung im Rahmen des in den vergangenen Jahren beobachteten »emotional turn« (Thomas Anz) ein. Anders als Gefühle und Affekte stammt der Begriff »Stimmung« ursprünglich aus einem musikästhetischen Zusammenhang und erfuhr erst später seine ihm heute primär zugeschriebene, psychologische, aber auch existenzphilosophische Konnotation. Friederike Reents untersucht die Geschichte des Stimmungsbegriffs ausgehend von Kants »Kritik der Urteilskraft« und zeigt, wie sowohl die Theorie als auch die ästhetischen Manifestationen stark von der Literatur-, der Ästhetik- und der Zeitgeschichte beeinflusst wurden. So präsentiert sich der Stimmungsdiskurs jeweils als Jahrhundertwende-Phänomen: Um 1800, um 1900 sowie um 2000 verdichtete sich dieser jeweils beträchtlich, während um 1850, aber auch nach 1945 beziehungsweise 1968 die Auseinandersetzung mit der polysemantischen, im 20. Jahrhundert schließlich unter Ideologieverdacht stehenden Kategorie stark zurückging. Friederike Reents beleuchtet den wissenshistorischen Kontext dieses Begriffs und zeigt an Beispielinterpretationen ausgewählter Werke aus den vergangenen 250 Jahren, wie fruchtbar die Kategorie der Stimmung für literaturwissenschaftliche Forschung ist.
Emotionen zählen seit einigen Jahren zu den zentralen Themen der geistes- und naturwissenschaftlichen Forschung. Eines der schillerndsten Phänomene bilden dabei die in fast allen Disziplinen gleichermaßen relevanten Stimmungen. Sie sind im Unterschied zu Gefühlen und Affekten von längerer Dauer, werden häufiger erfahren und haben keinen konkreten Objektbezug. Stimmungen bilden vielmehr einen diffus getönten Hintergrund, von dem sich Erlebnisse gleichsam als Figur abheben. Diese Tönung lässt sich etwa musiktheoretisch im Sinne einer Temperierung oder malerisch im Sinne einer Auflösung des Bildvordergrundes erwirken. In der Lyrik kann man Stimmungen seit der Romantik als zentrale Erfahrungsform moderner Subjektivität beobachten. Der vorliegende Band versammelt daher interdisziplinär orientierte Aufsätze zum Stimmungsbegriff, die diese und andere Facetten aus den Bereichen von Ästhetik, Poetik, Philosophie, Emotionspsychologie, Musikwissenschaft und Neuer Phänomenologie erstmals exemplarisch erläutern.