Die Schroedel Interpretationen bieten anspruchsvolle, doch verständlich und interessant geschriebene Darstellungen und Deutungen von wichtigen Werken der deutschen Literatur. Die Bände der Reihe eignen sich besonders zur Vorbereitung auf Referate, Hausarbeiten, Klausuren und Prüfungen. In Heinrich von Kleists Erzählung "Die Marquise von O…" (1808/1810) sucht die Titelheldin, eine noch junge tugendhafte Witwe, mittels einer Zeitungsannonce nach dem Unbekannten, der sie ohne ihr Wissen geschwängert hat. Erzählt ist diese Geschichte in für Kleist typischer Manier: in ungerührtem Ton, in dem doch untergründig die leidenschaftliche Anteilnahme des Erzählers am Schicksal der Heldin mitschwingt, dabei insistierend genau alle äußeren Handlungen und Reaktionen registrierend, aus denen sich der Leser ein Bild zusammensetzen und ein Urteil bilden muss. Während die zeitgenössischen Leser den Stoff als allzu skandalös empfanden, wirkt aus heutiger Sicht faszinierend, wie Kleist moralische Fragen aufwirft, um sie dann jedoch verstörend in der Schwebe zu halten. Der Akzent der vorliegenden Deutung liegt auf der Auseinandersetzung mit den in der Erzählung entworfenen Geschlechterrollen.
Katja Kauer Bücher



Verzweiflung im 18. Jahrhundert
Eine Diskursgeschichte
Feministisch lesen
Eine Einführung mit Lektüretools und Textbeispielen
Literatur, nicht nur die klassische, sondern sehr augenscheinlich auch die der Gegenwart, zeichnet ein buntes Bild von Geschlecht, das mit den herkömmlichen, patriarchalisch geprägten , Lektürebrillen' nicht richtig erfasst werden kann. Obwohl die Gender Studies im akademischen Diskurs inzwischen eine wichtige Rolle spielen, hinkt eine praktisch orientierte Genderanalyse dem theoretischen Diskurs hinterher. Dieses Studienbuch zeigt anschaulich, wie hilfreich Gender Studies für die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit einzelnen Texten sein können, und nimmt Fragen in den Blick, die die Literatur in Bezug auf geschlechtlich basierte Anerkennungsprozesse stellt. Im Zentrum stehen praktische Lektüretools, die an konkreten gegenwartskulturellen Textbeispielen vorgestellt werden. Sie machen Bedeutungsebenen der Texte sichtbar, die sonst verborgen bleiben, und helfen, scheinbare Aporien und Widersprüche in der Figurierung zu erklären. Das Buch ist die erste Monografie im germanistischen Bereich, die diese Art von Lektüretools entwickelt.