Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Autoren mit Migrationshintergrund in der Schweiz? Und inwiefern beeinflusst die biografische Migrationserfahrung ihr literarisches Schaffen? Diese Fragen wurden 16 Schriftstellern gestellt, die in der Schweiz leben und auf Deutsch oder Französisch schreiben. Im Rahmen des Forschungsprojekts 'Generationen im Wandel' wurde das zeitgenössische Schaffen dieser Autoren aus sozial- und literaturwissenschaftlicher Sicht untersucht. Die Autoren erkennen, dass ihre Migrationsgeschichte in ihren Texten präsent ist. Innocent Naki, der stark mit seiner Migration verwoben ist, betont, dass das Fremdsein sich ohnehin aufdrängt. Christina Viragh hingegen wehrt sich gegen das Anheften von Etiketten, während Catalin Dorian Florescu kritisiert, dass sein Roman nur im Kontext von Migration betrachtet wird. Die Befragten wünschen sich, an der literarischen Qualität ihrer Werke gemessen zu werden. Kategorien wie 'Migrationsliteratur' oder 'Migrationsautor' haben weitgehend ausgedient. Bei der wissenschaftlichen Analyse ihrer Texte reicht es nicht aus, die Migration als einzigen Bezugspunkt heranzuziehen. Vielmehr trägt die Migrationserfahrung zur Universalität einer Literatur bei, die inzwischen ein fester Bestandteil der Schweizer Kultur ist und kosmopolitische Züge aufweist.
Martina Kamm Bücher


"Ich warte mit grosser Ungeduld darauf, dass der Morgen kommt. Darauf, dass es hell wird, sodass ich aufstehen kann und nicht mehr unruhig und mit Schmerzen im Bett liegen muss." So äussert sich einer von 16 Flüchtlingen und Asylsuchenden, die in diesem Werk porträtiert werden. Diese Menschen sind Opfer von Krieg und Folter und tragen die Last von Traumata, die sie zu Fremden in ihrer eigenen Welt gemacht haben. Ihre unterschiedlichen, aber tiefgreifenden Erfahrungen verbinden sie durch ein unsichtbares Band. Obwohl sie an die Öffentlichkeit treten, um Gehör für ihr Leid zu finden, bleibt das Erlebte oft unausgesprochen. Paradox ist, dass der Schlüssel zu ihrem Bleiberecht in der Schweiz in der glaubhaften Wiedergabe dessen liegt, was kaum gesagt werden kann. Dieses Dilemma verstärkt ihre Einsamkeit und Isolation, besonders in unsicheren Aufenthaltssituationen. Hinter den 16 Geschichten verbergen sich starke Persönlichkeiten, die versuchen, in der Schweiz Fuß zu fassen. Sie stammen aus zehn verschiedenen Ländern und sind Klienten der Ambulatorien für Folter- und Kriegsopfer afk in Bern und Zürich. Über einen längeren Zeitraum wurden sie vom Fotografen und der Autorin begleitet, um ihre Geschichten sichtbar zu machen.