Die Mitte des Bandes bildet die Frage: „Was ist Ethik?“ Die Antwort auf die Frage fordert ein Verständnis derselben, das nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann. Die hier versammelten Essais kommen dieser Forderung ein Stück weit nach; sie bereiten ein Verständnis der Frage vor, indem sie zu erörtern versuchen, von woher sich die Frage in der Gegenwart stellt.
Im Mittelpunkt des Buches steht die Zukunft der Ethik, wobei nicht die Rolle der ethischen Theoriebildung im Kontext zukünftiger Entwicklungen behandelt wird, sondern eine phänomenologisch orientierte Untersuchung der Fähigkeit der Ethik, sich der Offenheit des Künftigen zu widmen. Der Ausgangspunkt ist Hans Jonas’ „Das Prinzip Verantwortung“, das den Zustand der Ethik im späten 20. Jahrhundert im Kontext einer technisierten und ökonomisierten Gesellschaft analysiert. Jonas bezeichnet seinen Ansatz als „Notstandsethik“ und argumentiert, dass die Notwendigkeit einer solchen Ethik aus einem neuen, sinnstiftenden Bewegungsgesetz resultiert, das in seiner Art und Größe beispiellos ist. Diese Notstandsethik stellt einen Bruch in der Tradition des Denkens dar und versucht, den durch technologische und ökonomische Entwicklungen entstehenden Gefahren in Form systemischer Imperative entgegenzuwirken, ohne die eigene Zukunftsfähigkeit zu thematisieren. Dort, wo die traditionelle Ethik den aktuellen Erfahrungen nicht mehr gerecht wird und, wie Jonas sagt, „Niemandsland“ betritt, wird die Frage nach der Zukunft der Ethik erneut relevant.
Die Frage nach der Geschichte führt in den Bereich jener Grundfrage, die das Denken Martin Heideggers durchgängig bestimmt: die Frage nach dem Sein. Bereits auf dem transzendental-horizontalen Ausarbeitungsweg von Sein und Zeit und mit zunehmender Ausdrücklichkeit im Rahmen des seinsgeschichtlichen Ereignis-Denkens verweist die Seinsfrage auf das Thema der Geschichte und auf die Notwendigkeit einer hinreichenden Erschließung der geschichtlichen Ursprungsdimension. Dabei kommt insbesondere der Unterschied von Geschichte („nicht als der historisch bekannte Ablauf unserer Geschicke und Leistungen, sondern wir selbst im Augenblick unseres Bezugs zum Seyn“, GA 65, 501) und Historie (als dem „feststellenden Erklären des Vergangenen aus dem Gesichtskreis der berechnenden Betreibung der Gegenwart“, GA 65, 492) zum Tragen, von welchem die vorliegende Untersuchung ihren Ausgang nimmt. Schritt für Schritt wird in aufeinander aufbauenden Abschnitten dargelegt, inwiefern die Frage nach der Geschichte in den Bereich dessen gehört, was Martin Heidegger als die Frage nach dem Sein als solchen ansetzt und was er von der metaphysischen Leitfrage – der Frage nach dem Sein des Seienden – abhebt.