William Shakespeare
1. April 1564 – 23. April 1616
William Shakespeare [ˈwɪljəm ˈʃeɪkspɪə] (getauft am 26. April 1564jul. in Stratford-upon-Avon; gestorben am 23. Apriljul. / 3. Mai 1616greg. ebenda) war ein englischer Dichter, Theaterunternehmer und Schauspieler, dessen Dramen zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur gehören. Das überlieferte Gesamtwerk umfasst mehr als drei dutzend Bühnenstücke, sechs Versdichtungen sowie 154 Sonette.
Shakespeares Geburtsdatum ist nicht überliefert. Laut Kirchenregister der Holy Trinity Church in Stratford-upon-Avon, Warwickshire, wurde er am 26. April 1564 getauft. Der Taufeintrag lautet auf Gulielmus filius Johannes Shakespeare („William, Sohn des John Shakespeare“). Seit dem 18. Jahrhundert wird der 23. April oft als sein Geburtstag genannt, doch ist diese Angabe nicht gesichert und geht wohl nur darauf zurück, dass Shakespeare am gleichen Tag des Jahres 1616 (23. April) verstorben ist. Bisweilen wird der 23. April als Shakespeares angeblicher Geburtstag auch mit der Behauptung untermauert, dass im elisabethanischen England Kinder drei Tage nach ihrer Geburt getauft wurden; tatsächlich aber hat es einen solchen Dreitagesbrauch nicht gegeben.William Shakespeares Eltern waren John Shakespeare und Mary Arden, die einer wohlhabenden Familie entstammte. Sein Vater war freier Landbesitzer und brachte es in seiner Stadt zum Oberaldermann. Später aber verfiel sein Vermögen und wegen seiner Schulden verlor er sein Ansehen. Wahrscheinlich hat William Shakespeare die Lateinschule (Grammar School) in Stratford-upon-Avon besucht und dort Unterricht in Latein, Griechisch, Geschichte, Morallehre und Dichtkunst erhalten. Der Unterricht einer Grammar School vermittelte Kenntnisse in Rhetorik und Poetik und leitete die Schüler auch zur Produktion kleiner Dramen nach dem Muster antiker Vorbilder an. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Shakespeare wie andere zeitgenössische englische Dramatiker eine Universität besucht hat. Im Alter von 18 Jahren heiratete er vermutlich am 30. November oder 1. Dezember 1582 Anne Hathaway (1556–1623), die acht Jahre ältere Tochter eines Großgrundbesitzers. Das Datum der Hochzeit ist nicht bekannt, das Aufgebot (marriage license report) wurde am 27. November 1582 bestellt. Dieses Datum des Aufgebots ist durch eine Eintragung im Register der Diözese Worcester beurkundet über die Erteilung einer Lizenz für die Heirat von «Willelmum Shaxpere et Annam Whateley». Der Mädchenname der Braut steht offenbar fälschlicherweise für «Hath(a)way». Am 28. November 1582 ist beim Konsistorium der zuvor genannten Diözese eine Bürgschaft zweier Freunde in der beträchtlichen Höhe von £ 40 dokumentiert, um einen Dispens von dem damals vorgeschriebenen dreimaligen Aufgebot für die Heirat von «Willm Shagspere» und «Anne Hathwey of Stratford» zu erhalten. Dieses aufwändige Dispensprozedere war erforderlich, damit die Eheschließung noch vor Beginn der Weihnachtszeit erfolgen konnte, da vom ersten Advent an Aufgebote und Trauungen kirchenrechtlich nicht mehr zulässig waren. Etwa sechs Monate nach der Eheschließung wurde die Tochter Susanna geboren (Taufeintrag 26. Mai 1583). Knapp zwei Jahre später kamen Zwillinge, der Sohn Hamnet und die Tochter Judith, zur Welt. Der Taufeintrag im Kirchbuch von Stratford vom 2. Februar 1585 lautete: Hamnet and Judith, son and daughter to William Shakespeare. Über das Verhältnis der Eheleute zueinander und ihren Kindern ist nichts bekannt. Diesbezügliche Unterlagen existieren nicht, was jedoch nicht ungewöhnlich ist, da persönliche Beziehungen im Bürgertum in der Regel nicht schriftlich festgehalten wurden, weder in privaten Briefen noch in Tagebüchern, die üblicherweise keine Aufzeichnungen über Persönliches enthielten. Shakespeares Sohn Hamnet starb 1596 im Alter von elf Jahren (Begräbnis 11. August 1596; Todesursache unbekannt), wohingegen Susanna bis 1649 und Judith bis 1662 lebten. Aus dem Jahr 1598 ist ein Brief erhalten, in dem ein gewisser Richard Quiney bei Shakespeare um ein Darlehen von 30 Pfund bat. 18 Jahre später, am 10. Februar 1616, heiratete William Shakespeares Tochter Judith dessen Sohn Thomas Quiney. Shakespeares Tochter Susanna heiratete am 5. Juni 1607 den Arzt John Hall. Über die etwa acht Jahre 1584/85 bis 1592, die in der Shakespeare-Forschung als „verlorene Jahre“ bezeichnet werden, ist wenig bekannt. Mangels ausreichender Quellen sind umso mehr Legenden entstanden, die sich zum Teil auf von Zeitgenossen überlieferte Anekdoten zurückführen lassen. Im Wesentlichen wurden über Shakespeares Leben kursierende Gerüchte erstmals in der Shakespeare-Ausgabe von Nicholas Rowe festgehalten, der seine Edition mit einem Lebensbericht Shakespeares versah, in dem er die überlieferten Mythen und Legenden in kompilierter Form festhielt, ohne jedoch eine kritische Prüfung oder Einschätzung des jeweiligen Wahrheitsgehaltes vorzunehmen. In sachlicher Hinsicht ist eine derartige historische Lücke in den dokumentarischen Aufzeichnungen jedoch keineswegs überraschend bei einem jungen Mann, der weder in Prozesse verwickelt noch an Grundstückstransaktionen beteiligt war.Auch in den nachfolgenden Jahrhunderten bis in die Gegenwart hinein führte der spärliche Bestand an historisch gesicherten Fakten über die Biografie Shakespeares zu völlig unterschiedlichen Bildern seiner Persönlichkeit und seines Lebens, die sich von Epoche zu Epoche teilweise drastisch wandelten. Das Autorenbild wurde dabei trotz fehlender verbürgter Nachweise an die sich ändernden rezeptionsgeschichtlichen Bedürfnisse und Ansprüche der verschiedenen Epochen angepasst, um so für die jeweils spezifische Sichtweise seiner Werke die dazu passende Künstlerpersönlichkeit zu konstruieren.Das erste schriftliche Dokument, das belegt, dass Shakespeare sich in London aufhielt, stammt von dem Dichter Robert Greene, der ihn 1592 in einem Pamphlet als Emporkömmling diffamierte. Greene lästerte, Shakespeare maße sich an zu dichten wie die angesehenen Dichter seiner Zeit: there is an upstart Crow, beautified with our feathers, that with his Tygers hart wrapt in a Players hide, supposes he is as well able to bombast out a blanke verse as the best of you: and beeing an absolute Johannes fac totum, is in his owne conceit the onely Shake-scene in a countrey. (Denn es gibt eine emporgekommene Krähe, fein herausgeputzt mit unseren Federn, die mit ihrem Tigerherz, in einem Schauspielergewand versteckt, meint, Blankverse ausschütten zu können wie die Besten von euch; und als ein absoluter Hans-Dampf-in-allen-Gassen kommt er sich als der größte Theater-Erschütterer im Land vor.) Der Ausdruck Shake-scene ist ein Wortspiel mit dem Namen Shakespeare (etwa: Speerschüttler). Bei der postumen Veröffentlichung des Pamphlets fügte der Herausgeber eine Entschuldigung bei, woraus sich schließen lässt, dass Shakespeare damals schon populär war und einflussreiche Gönner hatte. Er war zu dieser Zeit bereits Mitglied der Truppe Lord Strange’s Men, von denen sich ein großer Teil 1594 zu den Lord Chamberlain’s Men formte und zu den führenden Schauspieltruppen Londons zählte. Kurz nach seiner Thronbesteigung machte Jakob I. sie als King’s Men zu seiner eigenen. Das in der elisabethanischen Zeit sich herausbildende Theaterwesen war zwar noch ungefestigt und unterlag schnellen, risikoreichen Veränderungen, war jedoch unter günstigen Voraussetzungen ebenso gewinnträchtig. Dies galt jedoch nicht für den professionellen Dichter oder Stückeschreiber an sich, der von seiner Arbeit als Autor, wie zahlreiche Beispiele aus dieser Zeit belegen, von den ihm normalerweise zugestandenen Pauschalhonoraren der Schauspieltruppen, an die er seine Dramentexte veräußerte, nicht leben konnte, da alle weitere Nutzungsrechte an diese Theatergruppen mit der Übergabe des Manuskriptes übertragen wurden. Die vormalige angesehene Existenz und Lebensweise des berufsmäßigen Dichters und Autors unter dem Patronat eines adeligen Schirmherren, dessen schriftstellerische Tätigkeit durch reichhaltige Schenkungen oder Ehrensolde belohnt wurde, war zu Shakespeares Zeit weitgehend verloren gegangen. Shakespeare schrieb auf diesem historischen Hintergrund zwei kurze Versepen, Venus and Adonis (1593) und The Rape of Lucrece (1594), die er im Gegensatz zu all seinen anderen Werken selbst publizierte und mit einer namentlich unterzeichneten Widmung an Henry Wriothesley, den Earl of Southampton, versah. Da epische Werke zum damaligen Zeitpunkt der hohen Literatur, Theaterstücke hingegen der Gebrauchsliteratur zugeordnet wurden, bezeichnete Shakespeare vermutlich aus diesem Grunde Venus and Adonis als Erstlingswerk («first heir of my invention»). Auf diese Weise erlangte er nicht nur hohes Ansehen in den Zirkeln der Literaturkenner und -liebhaber, sondern wurde als Verfasser dieser Epen von seinen Zeitgenossen häufiger gerühmt und erwähnt als später für seine am häufigsten erörterte und gepriesene Tragödie Hamlet. Damit konnte er seine literarische Karriere als auch geschäftlich erfolgreicher Bühnenautor angemessen einleiten.Bereits Anfang 1595 zählte Shakespeare, wie aus einem überlieferten Zahlungsbeleg des Master of the Revels bzw. des königlichen Schatzamtes für eine Sonderaufführung bei Hofe vom 15. März 1595 hervorgeht, zu den anerkanntesten Mitgliedern der Lord Chamberlain’s Men, die kurz darauf zur führenden Schauspieltruppe wurde und nach der Thronbesteigung von Jakob I. 1603 unter dessen Schirmherrschaft gestellt und damit in den Dienst der Krone erhoben wurde. Shakespeares Name erscheint zusammen mit dem von Richard Burbage und dem bekannten Schauspieler William Kempe auf einer Quittung über den Erhalt von ₤20 für zwei Hofaufführungen der Lord Chamberlain’s Men im Auftrag der Schauspieltruppe und dokumentierte damit nicht nur seine volle Etablierung innerhalb dieser Schauspielgruppe, sondern gleichzeitig seine offizielle Befugnis zur Vertretung der Truppe nach außen hin. Shakespeare verfasste nicht nur eine Fülle von Schauspielen für seine Theatertruppe als ihr angestammter Hausdramatiker, sondern war ebenso als Miteigentümer (sharer) anfänglich bereits mit 10 % finanziell an deren Gewinnen beteiligt. Außerdem spielte er als Schauspieler in kleineren Rollen selbst mit. Die Tagebuchaufzeichnungen beispielsweise des Theaterunternehmers Philip Henslowe belegen die finanziellen Verdienste der Shakespeareschen Stücke; im Gegensatz zu vielen anderen zeitgenössischen Bühnenautoren erzielte Shakespeare von nun an beständige Erfolge nicht nur in beruflicher oder künstlerischer, sondern zunehmend in geschäftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht. Seine Schauspieltruppe war sowohl bei Hofe wie auch bei dem Theaterpublikum der großen öffentlichen Theater sehr beliebt und verdiente dementsprechend. Ab 1596 lässt sich ohne Aufrechnung im Einzelnen nachweisen, dass Shakespeare fortlaufend Geld anlegte oder in Immobilien investierte. Als Shakespeares Truppe 1599 den Spielort in das neu errichtete Globe Theatre verlegte, wurde ihm von James Burbage, dessen Familie das alte Globe Theatre besessen hatte, eine Teilhaberschaft von zunächst einem Zehntel überlassen. Einige Zeit später stieg dieser Anteil 1608 auf ein Siebtel, als das Blackfriars als zweites Theater vor allem für Aufführungen in der Wintersaison gebaut wurde.Als sein größter dichterischer Konkurrent galt zunächst Christopher Marlowe, später Ben Jonson. Es war üblich, ältere Stücke umzuschreiben und wieder neu aufzuführen: Shakespeares Hamlet könnte beispielsweise die Adaption eines älteren „Ur-Hamlet“ sein. Teils wurden auch Sagen- und Märchenstoffe mehrmals zu Dramen verarbeitet, wie im Fall von König Lear. Stücke entstanden ebenfalls nach gedruckten Quellen, so etwa nach Plutarchs Biographien großer Männer, italienischen Novellensammlungen oder Chroniken der englischen Geschichte. Eine gleichfalls gängige Methode war es, Fortsetzungen zu erfolgreichen Stücken zu schreiben. So war die Figur des Falstaff in Heinrich IV. beim Publikum derart beliebt, dass Shakespeare sie in Die lustigen Weiber von Windsor erneut auftreten ließ. Neben seinen dramatischen Arbeiten verfasste Shakespeare (vermutlich als die Theater Londons wegen der Pest-Epidemien zeitweise schließen mussten) auch lyrische und epische Gedichte. Die letzteren begründeten seinen Ruf als Autor bei seinen Zeitgenossen. Wohl im Jahr 1593 schrieb er die bereits oben erwähnten beiden Verserzählungen Venus and Adonis und Lucrece. Die nachfolgende Publikation von 154 Sonetten im Jahr 1609 ist von zahlreichen Rätseln umgeben. In einem kurzen Verleger-Vorspann, der meist als „Widmung“ gelesen wird, ist von the only begetter und Mr. W. H. die Rede; die Identität dieser Person ist bis heute nicht geklärt. Vielleicht handelt es sich bei dieser Sonetten-Publikation um einen Raubdruck. Als Mitbesitzer des Londoner Globe Theatre, das seine Truppe als Ersatz für das Theatre gebaut hatte, nachdem dessen Pachtvertrag abgelaufen war, war Shakespeare zunehmend als Dichter und Geschäftsmann erfolgreich. Die nach ihrem Mäzen und Sponsor benannten Lord Chamberlain’s Men traten öfter auch am Hof der Königin Elisabeth auf. Unter Elisabeths Nachfolger Jakob I. nannten sie sich nach ihrem königlichen Gönner King’s Men. Als Teilhaber des Globe erwarb sich Shakespeare ein beachtliches Vermögen und großen Einfluss. Wenngleich in dem Dokument zur Verleihung des Wappens durch das College of Arms, das königliche Wappenamt, vom 20. Oktober 1596, die 1599 nochmals ausdrücklich bestätigt wurde, der Name William Shakespeares nicht explizit erwähnt wird, ist dennoch davon auszugehen, dass er diese Führung eines Familienwappens vorangetrieben und finanziert hat. Mit der Übertragung des Rechtes der Wappenführung an Shakespeares Vater, die alle Kinder und Kindeskinder einschloss, war für Shakespeare nunmehr der Status des gentleman und damit ein immenser sozialer Aufstieg verbunden. So nutzte er etwa auch in seiner Rolle als Theatermann dieses neu erworbene Wappenrecht und führte fortan in sämtlichen Dokumenten den Zusatz gentleman als Standesbezeichnung. Neben seinen wirtschaftlichen Transaktionen im Theatergewerbe betätigte Shakespeare sich zugleich als Geschäftsmann und Investor in zahlreichen Geschäften auch außerhalb des Theaterunternehmens. Überwiegend legte er sein Geld im Erwerb von Immobilien in seiner Geburtsstadt Stratford an. So kaufte er am 4. Mai 1597 New Place, das zweitgrößte Haus der Stadt, als seinen Herrensitz und erwarb am 1. Mai 1602 eine 43 Hektar (107 acres) große Ackerfläche nebst Wald und Nutzungsrechten für Gemeindeland. Am 28. September 1602 kaufte er ein weiteres Haus mit Grundstück gegenüber seinem Herrensitz und erwarb am 24. Juli 1605 das Recht auf Eintreiben eines Teils der Zehnteinkünfte diverser Bauernpachtschaften zum Preis von ₤ 440, was ihm jährliche Nettoeinnahmen von ₤ 40 einbrachte. Shakespeare investierte nicht nur sein erworbenes Vermögen, sondern verwaltete auch seine Neuerwerbungen und machte mit ihnen weitere Gewinne. So pachtete und verpachtete er Grundstücke oder Ackerflächen, verkaufte der Gemeinde seinen Bauschutt oder trieb Außenstände durch Gerichtsprozesse ein und spekulierte zudem mit dem Horten von Getreide neben seinen Beteiligungen an verschiedenen gemeinschaftlichen Aktivitäten der Gruppe der großen Grundbesitzer. In London kaufte Shakespeare zudem ein Haus mit Ladengeschäft in unmittelbarer Nähe des Blackfriars Theatre.Gewinnbringend war für Shakespeare also nicht allein schon zuvor der Erwerb des Blackfriars Theatre 1596 durch den Theaterunternehmer James Burbage, an dem, wie bereits dargelegt, auch Shakespeare seitdem beteiligt war. Anders als beim Globe handelte es sich um ein überdachtes Theater, in dem die Truppe von nun an während der Wintermonate spielte. Das Publikum war dort wegen der erheblich höheren Eintrittspreise exklusiver als bei den großen Freiluftbühnen. Während Shakespeare einerseits durchaus zielorientiert um die Mehrung seines Vermögens und seinen gesellschaftlichen Aufstieg bemüht war, so unternahm er andererseits wenig oder gar nichts, um seine schriftstellerische oder literarische Prominenz zu fördern. Zwar schrieb er seine zahlreichen Werke vermutlich mit durchaus großem Energieaufwand, nutzte aber ansonsten in keiner Weise die zur damaligen Zeit wohl begrenzten, aber dennoch existenten Möglichkeiten zur Selbstdarstellung als Autor und Dichter: Mit Ausnahme der oben genannten Kurzepen ließ er keines seiner einzelnen Werke selber drucken, noch gab er selber eine Gesamtausgabe seiner Stücke in Auftrag. Er versuchte ebenso wenig, seine Urheberschaft als Verfasser bekannt zu machen, und verzichtete gleichermaßen auf ein literarisches Selbstporträt in Vorworten oder Einleitungen zu den Werken anderer Poeten, wie dies beispielsweise sein Zeitgenosse Ben Jonson tat. So sehr ihm auch an seinem sozialen Aufstieg gelegen war, um so weniger schien er an seinem künstlerischen Ruhm und der bewussten, planvollen Förderung seiner dichterisch-literarischen Karriere interessiert gewesen zu sein. Dessen ungeachtet hatte er spätestens ab 1598 einen derartigen Bekanntheitsgrad sowie eine solche Popularität erreicht, dass Shakespeares Name vorzugsweise in großer Form auf den Titelblätter der ersten Druckausgaben erschien, zum Teil sogar bei Werken, die nicht von ihm verfasst worden waren. Auch wurde sein Name darüber hinaus in diversen zeitgenössischen Bestenlisten, insbesondere der von Francis Meeres, aufgeführt. Mit 46 Jahren kehrte Shakespeare als vermögender Mann nach Stratford zurück und verbrachte dort als zweitreichster Bürger seine letzten Lebensjahre, ohne sich allerdings im Gegensatz zu seinem Vater aktiv in der Gemeindeverwaltung zu engagieren. Die Verbindungen zu seinen ehemaligen Kollegen ließ er nicht ganz abreißen, und bei einigen Theaterproduktionen beteiligte er sich als Mitautor. Für die Folgejahre sind mehrere Besuche in London dokumentiert, die meist familiäre und freundschaftliche Anlässe hatten. Shakespeare starb im Alter von 52 Jahren im Jahr 1616 in Stratford, zehn Tage nach seinem großen spanischen Zeitgenossen Miguel de Cervantes, und wurde am 25. April 1616 in dem Chorraum der Holy Trinity Church beigesetzt. Auf diesen standesgemäßen Ehrenplatz hatte er ein Anrecht als «gentleman». Die Steinplatte, die sein Grab markiert, trägt eine Inschrift mit einem Knittelvers und einer darin ausgesprochenen Verfluchung, die alle Bestrebungen verhindern soll, das Grab nachträglich zu öffnen. Gemäß einer einheimischen Tradition soll es angeblich Shakespeare selbst vor seinem Tode verfasst haben. Vermutlich kurz nach Shakespeares Tod wurde in der Seitenwand der Kirche eine Gedenkbüste mit einer lateinischen Inschrift von einer bis heute unbekannten Person errichtet. Shakespeares ehemalige Theaterkollegen John Heminges und Henry Condell veröffentlichten seine Werke unter dem Titel Mr William Shakespeare’s Comedies, Histories and Tragedies in einem großformatigen Buch, First Folio genannt. Dem Band ist eine Würdigung durch Ben Jonson vorangestellt. Die Todesursache ist nicht bekannt. Etwa 50 Jahre nach Shakespeares Tod notierte jedoch John Ward, Vikar der Holy Trinity Church in Stratford, in seinem Tagebuch: „Shakespeare, Drayton und Ben Jonson hatten ein fröhliches Zusammentreffen und tranken dabei anscheinend zu viel; denn Shakespeare starb an einem Fieber, das er sich dabei zugezogen hatte.“ Diese Nachricht wird heute als Anekdote ohne sachlichen Gehalt eingeschätzt, ihr wahrer Kern könnte jedoch darin liegen, dass in Shakespeares Todesjahr eine Typhus-Epidemie grassierte, der der Dichter zum Opfer gefallen sein könnte. Kurze Zeit vor seinem Tod, vermutlich im Januar 1616, fasste Shakespeare sein Testament ab und ließ es von dem Notar Thomas Collins aufsetzen. Dieses notariell beurkundete Testament ist auf den 25. März 1616 datiert und umfasst drei engbeschriebene Blätter, die von Shakespeare auf jeder Seite eigenhändig unterschrieben wurden. Erst im 18. Jahrhundert wurde das Testament Shakespeares wieder aufgefunden. Die überlieferte Ausfertigung mit zahlreichen Revisionen, Änderungen und Zusätzen in der Abfassung während des Zeitraums zwischen Januar und März des Jahres 1616 stellt das umfangreichste private Dokument dar, das von Shakespeare selber erhalten geblieben ist. Die zittrige Unterschrift Shakespeares auf den ersten beiden Seiten wird von verschiedenen Shakespeare-Forschern als Indiz für den bereits sehr angeschlagenen Gesundheitszustand Shakespeares gesehen, der auch der Grund dafür gewesen sein könnte, dass offenbar auf eine abschließende Reinschrift der gesamten testamentarischen Verfügung verzichtet wurde.Der größte Teil des Shakespeareschen Nachlasses ging an seine älteste Tochter Susanna, die zusammen mit ihrem Ehemann den gesamten Haus- und Grundbesitz einschließlich der von Shakespeare erworbenen Pachtanteile erhielt. An erster Stelle in dem Testament wird jedoch ihre jüngere Schwester Judith als erste der Erben genannt. Ihr vermachte Shakespeare ₤ 100 aus dem Nachlass sowie weitere ₤ 50 für den Fall einer Abtretung des Anspruchs auf das Haus in der Chapel Lane gegenüber dem Shakespeareschen Herrensitz New Place. Sollte sie oder eines ihrer Kinder drei Jahre nach Abfassung des Testamentes noch leben, waren weitere 150 ₤ für sie vorgesehen, von denen sie während der Dauer ihrer Ehe jedoch nur über die Zinsen verfügen durfte. Ein Zugriff auf den gesamten Erbanteil von Judith durch ihren Ehemann wurde von Shakespeare in seiner testamentarischen Verfügung ausdrücklich durch die Streichung des Wortes „Schwiegersohn“ verhindert. Seiner Schwester Joan überließ Shakespeare einen Betrag von ₤ 20 zusätzlich zu seiner Kleidung und einem lebenslangen Wohnrecht in dem väterlichen Anwesen in der Henley Street für eine geringfügige nominelle Miete. Darüber hinaus wurden in dem Testament von Shakespeare Geldgeschenke an seine Stratforder Freunde sowie eine vergleichsweise großzügige Stiftung von ₤ 10 für die Armen in der Gemeinde zuerkannt. Auch die drei früheren Schauspielkollegen Richard Burbage sowie John Heminges und Henry Condell, die späteren Herausgebern der First Folio von 1623, wurden von Shakespeare bedacht.In der bisherigen biografischen Shakespeare-Forschung hat sich der Fokus des Interesses insbesondere auf einen einzigen Satz in dem Legat konzentriert, der zahlreiche Fragen aufgeworfen hat und bis in die Gegenwart hinein den Anlass zu höchst unterschiedlichen, teilweise rein spekulativen Auslegungen und Deutungen geliefert hat: «Item, I give unto my wife my second best bed wih the furniture», wobei furniture im damaligen Sprachgebrauch sowohl als Bettzeug wie auch als Ausstattung verstanden werden konnte. Der Name von Shakespeares Ehefrau Anne taucht mit Ausnahme dieser Passage an keiner weiteren Stelle in dem ganzen Testament auf.Ein Teil der späteren Shakespeare-Biografen deutet diese weitgehend fehlende Versorgung für seine Frau Anne in Shakespeares letztem Willen als unverhohlenen Ausdruck seiner Gleichgültigkeit oder sogar Geringschätzung ihr gegenüber. Demgegenüber verweist ein anderer Teil der Biografen auf das im damaligen England übliche Versorgungsrecht der Ehefrau, die als Witwe auch ohne besondere Verfügung ohnehin Anspruch auf ein Drittel der gesamten Habe ihres verstorbenen Mannes sowie ein lebenslanges Wohnrecht in dessen hinterlassenem Haus gehabt habe. Daher sei eine ausdrückliche Erwähnung seiner Frau in der testamentarisch Verfügung überflüssig gewesen. Das Vermächtnis des „zweitbesten Bettes“ wird zudem mitunter als besonderer Zuneigungs- oder Liebesbeweis gedeutet, da das „beste Bett“, so die Begründung, den Gästen vorbehalten gewesen sei und es sich bei diesem „zweitbesten Bett“ um das gemeinsame Ehebett gehandelt habe, das Shakespeare möglicherweise seiner Gemahlin auf deren besonderen Wunsch hin nachträglich explizit zuerkannt habe. Im Gegensatz dazu wird vor allem in der jüngeren Forschung jedoch zum Teil darauf verwiesen, dass dieses Gewohnheitsrecht hinsichtlich der Witwenansprüche im elisabethanisch-jakobäischen England keineswegs einheitlich gestaltet, sondern an lokale Gebräuche gebunden und von daher von Ort zu Ort unterschiedlich gewesen sei. Vor allem der renommierte Shakespeare-Gelehrte E. A. J. Honigmann kommt in seinem Vergleich mit Testamenten ähnlich vermögender Familien aus dieser Zeit in seiner Untersuchung aus dem Jahre 1991 zu dem Fazit, dass das ausdrücklich erwähnte, recht spärliche Legat für seine Ehefrau in Shakespeares letztem Willen in dieser Form nicht den üblichen testamentarischen Abfassungen entspreche.In einer rückblickenden Gesamtbetrachtung des Testaments sieht der anerkannte deutsche Shakespeare-Forscher Ulrich Suerbaum in erster Linie deutliche Anzeichen dafür, dass es Shakespeare primär um eine geschlossene Weitergabe seines gesamten Besitzes gegangen sei; die übrigen Erbansprüche habe er versucht, in einer solchen Weise zu berücksichtigen, dass das Haupterbe möglichst ohne größere Verringerung übertragen werden konnte. Allen sonstigen mit ihm freundschaftlich oder familiär verbundenen Personen habe er daher nur ein jeweils eher symbolhaft zu verstehendes Objekt der Erinnerung hinterlassen.