Ein Schloss mit Pool und Park und zwanzig Oldtimern beherbergt das »Nationaldenkmal« namens Serge Langlois (eine Ikone des französischen Kinos). Umgeben von seiner jungen Gattin (einer früheren Miss Provence), den adoptierten Zwillingen (aus Kirgisistan), einer verschwiegenen Haushälterin (mit einer Schwäche für Vermischte Meldungen) und einem unersättlichen Chauffeur (mit mehr als einem Hobby), will sich der alternde Schauspieler endlich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Doch daraus wird nichts: Weitere Mitspieler tauchen auf, die hübsch geschlossene Gesellschaft implodiert, und es wird Opfer geben. Julia Decks Mikrokosmos ist eine verrückte Satire auf unsere Gegenwart und ein skurriler Krimi. Politische, soziale, pandemische und finanzielle Krisen laufen hinter schmiedeeisernen Gittern im Schloss zusammen, und die Macht des schönen Scheins und der sozialmedialen Inszenierung wird genüsslich seziert.
Julia Deck Bücher




Anfang Dezember findet sich eine junge Frau in Le Havre wieder, mittellos, alleinstehend und vom Arbeitsamt als hoffnungsloser Fall abgetan. Sie beschließt, den Namen einer Schriftstellerin aus einem Film von Eric Rohmer anzunehmen, und nennt sich fortan Bérénice. Aus der selbstverschuldeten, überaus prekären Lage versucht sie sich mithilfe dieser neuen Identität und eines unterwegs aufgegabelten Mannes zu retten. Der Schiffsinspektor erliegt zunächst ihrem Charme und Geheimnis, nimmt sie mit nach Marseille und dann nach Paris, versucht aber vergeblich, irgendetwas über sie zu erfahren. Als er schließlich begreift, dass »Mademoiselle« erstens wirklich einen Knall oder das Gedächtnis verloren hat und ihn zweitens nur ausnutzt, will er sie mit allen Mitteln, wieder loswerden … Die Autorin spielt klug und originell mit Realität und Fiktion – und mit der Erwartungshaltung der Leser. Auch dieser neue, wieder sehr unterhaltsame Roman von Julia Deck ist in unverwechselbarer Weise charmant, verwirrend und witzig.
Viviane Élisabeth Fauville ist Anfang vierzig. Was sie nicht mehr hat: ihren schönen Mann, ihr einstiges Zuhause. Was sie hat: eine zwölf Wochen alte Tochter, eine neue Wohnung voll nicht ausgepackter Umzugskisten, den Schaukelstuhl. Viviane hat ihren Psychoanalytiker getötet und rechnet nun jederzeit damit, dass man sie überführt. Die Tatwaffe ist gereinigt, die eigene Mutter als Alibi angegeben … und doch. Élisabeth verliert sich in Straßen und Metrogängen, lauert den übrigen Verdächtigen auf, sie fragt und forscht, das Baby im Arm. Dann entdeckt die Polizei, dass ihre Mutter seit acht Jahren tot ist. Es schneit in Paris, und die Welt gerät ihr aus allen Fugen. Karg, absurd und lakonisch, ist dieser atemlose Roman nur vordergründig eine Kriminalgeschichte. Sie bildet den Rahmen für ein meisterlich in Sprache gesetztes Spiel mit dem verblüfften Leser: Immer wieder werden alle Sicherheiten aufgehoben, stellt sich das, was man herausgefunden zu haben meint, als falsch heraus. – Oder doch nicht?
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Schicksal des roten Katers ist schrecklich. Aber das der übrigen Figuren in dieser bitterbösen Geschichte nicht minder. Charles und Eva Caradec sind in die Vorstadt gezogen, um etwas Platz zu haben und im Grünen zu leben. Das Heizsystem wird aus erneuerbarer Energie gespeist, das Abwasser ebenso wie der Kompost recycelt. Und hinter den frisch verputzten Fassaden belauern sich die Nachbarn bald gegenseitig. Sie überwachen und strafen einander, es entstehen Intrigen und Affären. Die gemeinsamen Grillabende können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Versprechen dauerhaften Glücks nicht im Neubaugebiet liegt, und als eine Nachbarin spurlos verschwindet, scheint die Katastrophe unabwendbar. Julia Deck komponiert genüsslich und grausam eine Handlung aus falschen Fährten und fragwürdigen Indizien, um den Leser gleichzeitig auf die Spur als auch in die Irre zu führen. Ein bitterböse- ironischer Nachbarschaftsroman über moderne Mythen.