Stolz ein Deutscher zu sein?
Das verräterische Schweigen der Widerkläger und die Zivilcourage






Das verräterische Schweigen der Widerkläger und die Zivilcourage
Zitatelexikon der deutschsprachigen jüdischen Zeitzeugen zum Thema: Die Deutschen und Hitlers Judenpolitik
Das NS-Dokumentationszentrum und die dort ausgeblendeten Dokumente
Am Königsplatz, wo das 'Braune Haus' der NSDAP stand, wurde am 30. April 2015 das 'NS-Dokumentationszentrum München' eröffnet. Es wird betont, dass es sich nicht um ein Museum, sondern um einen 'Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus in München' handelt. Doch erfüllt das Zentrum diese Vorgabe? In der Einführung wird behauptet, dass sich in der zerrissenen westdeutschen Nachkriegsgesellschaft 'wenige Gegner' mit 'vielen Mitläufern und Mittätern' zusammengeschlossen hätten. Diese Aussagen sind fragwürdig und scheinen als dogmatische Vorgaben akzeptiert zu werden, ohne Beweise zu liefern. Zahlreiche Aufnahmen von Opfern und Gegnern werden gezeigt, doch die Bekundungen der Zeitzeugen bleiben fast unerwähnt. Dabei dokumentiert das Buch die Stimmen von 46 Münchner Juden, die sich zum Thema geäußert haben. Ein Beispiel: Die geflohene SPD-Führung erkannte, dass München trotz seiner Kunststadt-Position keine nationalsozialistische Stadt sei und der Nationalsozialismus an Anziehungskraft verloren habe. Reisende aus Berlin berichteten von einer freieren Lebensweise in München. Warum fehlen solche Dokumente im Zentrum? Die offizielle Antwort lautet, dass München als Täterstadt im Vordergrund stehen sollte. Doch die Münchner von damals haben ein Recht auf die historische Wirklichkeit, und Stadt sowie Land sind verpflichtet, dieser Selbstverständlichkeit Rechnung zu tragen.
Bislang gibt es keine Veröffentlichung, die das Verhältnis gewöhnlicher Deutscher zu Juden zwischen 1933 und 1945 aus der Sicht jüdischer Zeitzeugen zusammenfassend darstellt. Diese Lücke möchte Konrad Löw schließen, insbesondere durch das literarische Erbe verfolgter Juden. Im ersten Teil beleuchtet er die Erfahrungen jüdischer Opfer, die in Tagebüchern, Briefen und Interviews festgehalten sind, darunter Stimmen wie die von Else Behrend-Rosenfeld, Victor Klemperer und Ruth Klüger. Im weiteren Verlauf des Buches beschäftigt sich Löw mit Publikationen namhafter Autoren, deren Ansichten teils von den Erkenntnissen der Zeitzeugen abweichen. Er behandelt zentrale Fragen: Wer wusste was und wann? War Reden wirklich ein Gebot der Stunde? Wer hat wie geholfen? Wie haben die Juden ihre christlichen Mitbürger wahrgenommen? War Hitlers Judenpolitik ein Motiv für Widerstand? Entsprach das Ausland den Erwartungen der Juden? Welche Lehren lassen sich aus den damaligen Ereignissen ziehen? Löw sucht und findet Antworten auf die Frage, ob die Mehrheit der Deutschen die Judenpolitik des Dritten Reiches unterstützte und ob es gerechtfertigt ist, pauschal von einer Schuld des deutschen Volkes zu sprechen.
Der Jurist und Politologe Konrad Löw beleuchtet die Verstrickung von Christen und Kirchen im Holocaust, insbesondere die Rolle der Römischen Kirche und des Vatikans. Sein Buch, das in der Fachwelt auf positives Echo stößt, basiert auf gründlicher Recherche und legt Fakten dar, ohne Meinungen zu propagieren. Löw zeigt, dass die Katholische Kirche den Nationalsozialismus bis zum 30. Januar 1933 vehement bekämpfte und dass der Vatikan sowie die Bekennende Kirche nach Hitlers Machtübernahme in ihren Enzykliken und Stellungnahmen auf die problematischen Entwicklungen hinwiesen. Er belegt, dass die Nationalsozialisten keine Komplizen unter den Christen sahen; vielmehr sollten die Bekennende Kirche und die Römische Kirche nach dem Endsieg vernichtet werden. Zudem waren die ersten Mordopfer der Nationalsozialisten politische Gegner, darunter auch Christen, lange bevor der Massenmord an Juden und anderen Minderheiten begann. Löw thematisiert auch die Frage der deutschen Kollektivschuld und warnt davor, Christen und Deutsche von den Juden zu trennen, da viele Verfolgte ebenfalls Deutsche waren. Er betont, dass die Realität der historischen Ereignisse mehr Gewicht haben sollte als populäre Angriffe auf religiöse Führer.