Die Kunstkritik ist heute in einer schwierigen Lage: Sie kann keine Theorien oder Erklärungsmuster heranziehen, die für das zeitgenössische Kunstpublikum glaubwürdig wären. Gleichzeitig hat die Kunst aber auch nicht mehr ein ebenso starkes Erklärungsbedürfnis wie früher. In der aktuellen Kunstszene wird vieles ohne zusätzliche Erklärungen einfach hingenommen. Dadurch wird die Aufgabe der Kunstkritik sehr schwierig, ja sogar hinfällig. In den Texten des Bandes „Kunst-Kommentare“ befasst sich Boris Groys mit der aktuellen Lage der Kunstkritik und kommentiert Künstler wie Jeff Wall, Richard Prince, Peter Fischl & David Weiss und Martin Honert. Sie alle, so zeigt er, beziehen in ihrem Werk zur gegenwärtigen Situation der Kunst Stellung. Indem er diese Positionen kommentiert, führt der Autor in kritischer Weise den Dialog weiter, den die Künstler initiierten.
Boris Groys Bücher
Boris Groys ist ein renommierter Kunstkritiker, Medientheoretiker und Philosoph, dessen Werk die vielschichtige Beziehung zwischen Kunst, Philosophie und Technologie untersucht. Während seiner umfassenden akademischen Laufbahn, die Professuren an renommierten Institutionen weltweit umfasste, befasst sich Groys eingehend mit Themen der Moderne, der künstlerischen Avantgarde und dem allgegenwärtigen Einfluss der Medien auf das zeitgenössische Denken. Seine theoretischen Ansätze bieten tiefe Einblicke in die Komplexität des künstlerischen Diskurses und dessen Entwicklung im digitalen Zeitalter. Sein literarischer Beitrag liegt in der unermüdlichen Erforschung der Grenzen von Kunst und Philosophie.







Die Kunst dieses Jahrhunderts war eine Kunst des Museums. Doch in unserem Zeitalter der Medien und der totalen Verfügbarkeit von Bildern verliert das Museum als Raum jenseits der Wirklichkeit seine Ausstrahlungskraft. Boris Groys zeigt an Beispielen, wie die Kunst durch die Herrschaft der Medien explodiert und wie wir mit all unserer angesammelten Kunst im nächsten Jahrtausend umgehen müssen.
Einführung in die Anti-Philosophie
- 289 Seiten
- 11 Lesestunden
Die Philosophie sucht nach der Wahrheit - und hat bis heute nur eine Menge konkurrierender Wahrheiten gefunden. Im 19. Jahrhundert riskierten Denker wie Marx, Nietzsche und Kierkegaard einen radikalen Bruch: Sie setzten ihre eigenen Wahrheiten wie einen Befehl in die Welt. Damit war jene Anti-Philosophie geboren, die für Boris Groys das Wahrheitsverständnis der Gegenwart verkörpert. Seine Porträts großer Anti-Philosophen stellen dieses Denken zum ersten Mal in einem Zusammenhang dar: von Kierkegaard über Heidegger bis Derrida. Eine Philosophiegeschichte der besonderen Art - aber auch eine Anleitung für ein Denken auf der Höhe der Zeit.
»Um die Jahrhundertwende entwarfen russische Autoren radikale Projekte einer totalen Umgestaltung des Lebens, vor deren Hintergrund heutige Biopolitikdebatten geradezu bescheiden wirken. So entwarf etwa Fedorov das »Projekt der gemeinsamen Tat«, dessen Ziel es war, mittels moderner Technik alle Toten künstlich auferstehen zu lassen; die »Biokosmisten« proklamierten den Kommunismus als Weg zur Erlangung der Unsterblichkeit, und Ciolkovskij, der Vater des sowjetischen Raumfahrtprogramms, hatte das Ziel vor Augen, andere Planeten mit auferstandenen Menschen zu bevölkern. Der Band stellt die bisher unbekannt gebliebenen biopolitisch-utopischen Entwürfe vor und veranschaulicht die in der westlichen Rezeption kaum wahrgenommene ideologische Komponente der kommunistischen Weltanschauung, die bis in die postkommunistische Gegenwart wirkt.«
Digitale Prints und Videos, DVDs und Websites: Wer heute ein Museum für zeitgenössische Kunst besucht, findet sich umgeben von kopierten Bildern. Die technische Reproduzierbarkeit hat eine Verfügbarkeit und Perfektion erreicht, die zu einer neuen Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem Raum des Museums und seiner profanen Umgebung zwingt. Daher schlägt Boris Groys eine Topologie der Kunst vor: eine Theorie, nach der das räumliche Verhältnis zwischen Kunstwerk und Betrachter zur zentralen Unterscheidung zwischen der ästhetischen und alltäglichen Wahrnehmung von Bildern wird.
Der göttliche Kapitalismus
- 61 Seiten
- 3 Lesestunden
In seiner Totalität und scheinbaren Alternativlosigkeit hat der globale Kapitalismus den Charakter eines religiösen Kultes angenommen. Das Geld hat Gott als das innerste Bewegungsprinzip der Welt ersetzt. Einst zum Kernbestand der Religion gehörende Aufgaben sind auf das kapitalistische Konkurrenz-, aber auch Versorgungs- und Verwöhnungssystem übergegangen. Über diese und verwandte Thesen diskutieren mit Boris Groys, Jochen Hörisch, Thomas Macho, Peter Sloterdijk und Peter Weibel fünf führende Theoretiker der Gegenwart und legen dabei Kontinuitäten und funktionale Äquivalenzen der gegenwärtigen kapitalistischen Praxis zu Traditionen und Diskursen der Weltreligionen offen. Dokumentiert ist kein akademisches Fachge-spräch, sondern eine fünfstimmige philosophische Deutung unserer gegenwärtigen „kapitalistischen Kultur“. Mit dem Band eröffnet die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe eine neue Folge ihrer Schriftenreihe.
Unter Verdacht
- 231 Seiten
- 9 Lesestunden
Die Kunst unserer Gegenwart lebt vom Prinzip des Verdachts: Objekte des Alltags oder monochrome Bilder interessieren uns als Kunstwerke nur, weil wir hinter ihrer scheinbar belanglosen Oberfläche ein Geheimnis vermuten. Schneeschaufeln und Fettecken im Museum erregen Verdacht, und das Publikum wird dazu animiert, an einer Debatte über diese Objekte teilzunehmen. Boris Groys zeigt, wie das Prinzip des Verdachts immer neue Kunstwerke hervorbringt.
Die heutige Welt ist gekennzeichnet von Projekten nicht bloß der ökonomischen, sondern auch der politischen und ideologischen Globalisierung. All diese Unternehmungen versuchen, sich mit revolutionären oder mit friedlichen Mitteln durchzusetzen - vom vereinten Europa zum politischen Islam. Es handelt sich dabei um post-kommunistische Projekte, denn erstens ist ihre Entstehung und Verbreitung vor allem durch den Untergang des Kommunismus möglich geworden, und zweitens sind ihre Strategien, Ziele und mediale Selbstdarstellung von den Erfahrungen des historischen Kommunismus zutiefst geprägt.
Über das Neue
- 194 Seiten
- 7 Lesestunden
Jeder Künstler, der es zustande brachte, seinem Werk dauerhafte Erinnerung zu verschaffen, tat das durch Neuerungen gegenüber seinen Vorgängern. Kunstgeschichte, Ästhetik und Philosophie haben sich weidlich darum bemüht, an der Reihe dieser Neuerungen Entwicklungen zu bestimmten Zielen abzulesen. Etwa die immer besser gelingende Annäherung an eine äußere oder innere Wirklichkeit, an das Authentische, das Ursprüngliche, das wirklich Subversive, das Utopische. Die Pointe von Boris Groys' „kulturökonomischer“ Betrachtungsweise ist es, all diese inhaltlichen Beschreibungen künstlerischer Innovationen einzuklammern, um statt dessen herauszuarbeiten, daß das Neue zuerst und zuletzt - nichts als das Neue ist: nämlich die Aufwertung von bisher als wertlos Erachtetem zu Wertvollem. Die künstlerische Innovation stellt sich deshalb als beständige Neubestimmung der Grenze zwischen einem Bereich des wertlos „Profanen“ und der als wertvoll erachteten „Kultur“ dar. Eine nüchterne Einsicht, die aber nicht mit moralischem Unterton eine Reform unserer Diskurse über die Kunst einfordert, sondern viele wortreiche Beschwörungen künstlerischer Innovationen auf wohltuende Distanz bringt.