Urs Widmer war eine markante Stimme in der Literatur, bekannt für seinen einzigartigen erzählerischen Ansatz und seine Auseinandersetzung mit komplexen Themen. Seine Werke tauchen mit einer Mischung aus Intellekt und Emotion in die menschliche Verfassung ein, charakteristisch für seinen tiefgründigen literarischen Stil. Er schuf Erzählungen, die bei den Lesern Anklang fanden und durch ihre Tiefe und Originalität einen bleibenden Eindruck hinterließen. Widmers Beitrag zur Literatur zeichnet sich durch sein konsequentes Engagement für literarische Exzellenz und innovative Ausdrucksweise aus.
Wirklich berühmt wurde Urs Widmer mit seinem Spätwerk: ›Der blaue Siphon‹, ›Der Geliebte der Mutter‹ oder ›Das Buch des Vaters‹ finden auch heute noch viele begeisterte Leserinnen und Leser. Aber da ist viel mehr, wie beim berühmten Eisberg schlummert auch beim Zeitzeugen Urs Widmer vieles unter der Oberfläche und wartet auf Erkundung. Seine frühen Erzählungen sind der beste Anfang: anarchische Freude daran, das Gebälk der Literatur knarzen zu lassen.
Katholische Erziehung, Austritt aus der Kirche. Der Zweifel an der Religion, an Gott. Was macht jemanden zum Gläubigen, was zum Atheisten? Glauben die meisten nur, dass sie glauben? Urs Widmer liefert kritische Anregungen zum Denken und provoziert bis zur Blasphemie. Sind wir Menschen Schöpfung Gottes oder Produkt der Evolution? Ist unser Planet Erde Gottes Werk oder Resultat galaktischer Katastrophen? Die Entwicklungskurve von den frühen Göttern über den Glauben an Gott nähert sich dem Atheismus. Werden die künftigen Generationen verstehen, was hinter den Naturphänomenen steht? Wird der Plan Gottes sein Geheimnis verlieren? Und Gott schon bald seine Anhängerschaft?
Der Alte hat ein Imperium aufgebaut. Er ist ein König in der Welt der Bücher.
Weitblickend und mit großem Gespür hat er alle Größen in seinem Haus
versammelt. Aber nun ist seine Zeit abgelaufen - und für eine Zeit danach hat
er nicht vorgesorgt. Der Verleger Edgar Göschen stirbt - und alle in seiner
Umgebung lauern auf die Beute. Jutta, seine nur noch halbwegs junge Frau; Frau
Schwichow, seine unentbehrliche rechte Hand im Verlagsgeschäft, die alles weiß
und jede Leiche im Keller kennt; Meier, der Lehrling, der sich schwört, dass
er einmal im Chefsessel sitzen wird, was dann auch tatsächlich geschieht; und
allen voran natürlich die Konkurrenz: World Books International Chicago
Illinois USA, die größte Bücherproduktionsmaschinerie der Welt.§Urs Widmer
kannte das Verlagsgeschäft von innen und außen, als Autor, als Lektor und als
Gesellschafter des Verlags der Autoren. Ganz folgerichtig beschreibt er die
rasanten Veränderungen, denen unsere Gesellschaft insgesamt ausgesetzt ist,
aus diesem Blickwinkel. Und er gewinnt ihnen anrührend-tragische wie grotesk-
komische Seiten ab.§KÖNIG DER BÜCHER ist das letzte Stück, das Urs Widmer vor
seinem Tod abschloss.
Gesammelte Erzählungen von Urs Widmer, beginnend mit seinem Erstling ›Alois‹ (1968) bis zur ›Reise nach Istanbul‹ (aus: ›Stille Post‹, 2011). Darin außerdem enthalten die großen Erzählungen ›Die Amsel im Regen im Garten‹, ›Liebesnacht‹, ›Indianersommer‹, ›Das Paradies des Vergessens‹ sowie ausgewählte Erzählungen und Geschichten aus den Werken ›Schweizer Geschichten‹, ›Vom Fenster meines Hauses aus‹, ›Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr‹ und ›Vor uns die Sintflut‹.
»Kein Schriftsteller, der bei Trost ist, schreibt eine Autobiographie«, lautet der erste Satz. Urs Widmer hat die eigene Warnung in den Wind geschlagen und ein großartiges Erinnerungsbuch verfasst.
Mit dreißig begann sein Leben als Schriftsteller. Die Zeit davor bildet das Fundament seines Werks, und ihr ist dieses Buch gewidmet, den Fakten und Erinnerungen, wie es »tatsächlich« war. Eine persönliche Geschichte aus den für die Weltgeschichte so entscheidenden Jahren 1938-1968.
Ein Kinderspiel hat dieser Kleinen Prosa ihren Titel gegeben, fast ein Programm. Schöpfungsmythen, Menschheitsängste und -träume, Zivilisationskritik, komische Familienlegenden, mythische und reale Reiseziele in unterschiedlichster Darbietung: als Rollenprosa, Traumbericht, Zwiegespräch, Bilderbuch, poème en prose .
Widmers Königsdrama über die Kündigungskultur wird in aller Welt gespielt.
„Das Thema könnte brisanter gar nicht sein: Es heißt: strukturelle Arbeitslosigkeit – es ist das Dilemma der westlichen Industrie- und Wohlstandsgesellschaft. Doch anders als sonst wird das Thema ganz vom Kopf her aufgezäumt. Nicht um Underdogs geht es hier, sondern um TOP DOGS. Um Spitzenmanager also, die im Zuge global bedingter Umstrukturierungen entlassen wurden und die sich jetzt, zwecks Schockabfederung, Enttäuschungsverarbeitung und späterer beruflicher Reintegration, in einem Züricher Outplacement-Büro zusammengefunden haben.
Wichtig ist der Perspektivenwechsel. Präsentiert wird ein Königsdrama der Wirtschaft, nicht ein Kleine-Leute-Stück. Das bugsiert das Spiel aus den Grauzonen der üblichen Sozialreportage heraus, sichert ihm überraschende Einsichten – und Witz: Ein klein wenig Schadenfreude, natürlich, ist auch dabei – schon tröstlich zu wissen, dass es auch `die da oben´ jederzeit treffen kann. Lachend, bestens unterhalten, aber immer wieder auch in Beklommenheit begreifen wird: Da ist etwas faul, nicht nur im Staate Helvetia; da bahnt sich weltweit ein ziemlich wölfischer Kapitalismus seinen Weg – in seiner Inhumanität notdürftig getarnt hinter den phraseologischen Fassaden eines dynamischen Neoliberalismus; da wird der Mensch, sofern er nicht gerade als Verbraucher benötigt wird, zunehmend überflüssig; da müssen Manager nicht nur ihre Untergebenen, sondern am Schluss auch sich selbst entlassen – das ist die groteske Logik der Ökonomie. Die Globalisierung frisst ihre Kinder.“ (Gerhard Jörders Preisrede auf TOP DOGS beim Berliner Theatertreffen 1997)
Es ist Freitag, der 22. Mai 2032. Einen Tag nach seinem vierundneunzigsten Geburtstag sitzt ein Mann in einem üppig blühenden Garten - es ist der Paradiesgarten seiner Kindheit -, neben sich einen Rekorder, und spricht seine Geschichte mit Herrn Adamson auf Band.
Mrs. Murdock, eine reiche Witwe aus Pasadena, hat einen doppelten Auftrag für Philip Marlowe: Ihre Schwiegertochter, eine ehemalige Nachtklub-Sängerin, ist verschwunden, und mit ihr eine alte, wertvolle Münze die sogenannte Brasher-Dublone. Beides soll der Privatdetektiv wiederfinden. Wie sich herausstellt, kommen Erpressung, Lügen und Mord in den besten Familien vor.