Von der Antike bis zur deutschen Klassik
- 371 Seiten
- 13 Lesestunden
Der erste Band der Reihe Theatralität, der hier in überarbeiteter und aktualisierter Auflage erscheint, fragt danach, inwieweit gerade das Authentische - das, was als ursprünglich oder gar selbstverständlich wahrgenommen wird - immer schon der Inszenierung bedarf. In der Einleitung entwirft Erika Fischer-Lichte ein Konzept von Theatralität, das die vier Dimensionen Inszenierung, Performance, Wahrnehmung und Korporalität expliziert und zueinander in Beziehung Setzt. Beiträge aus verschiedenen Kunst- und Kulturwissenschaften demonstrieren die analytische Kraft des Konzepts an markanten Fallbeispielen.
Das Theater erscheint wie Roland Barthes festgestellt hat, als ein besonders „privilegiertes semiologisches Objekt“. Denn es arbeitet nicht nur wie andere Kunstgattungen - z. B. Literatur und Malerei - mit einem einzigen Zeichensystem, sondern vereinigt in sich eine Vielzahl heterogener Zeichensysteme (wie Sprache und Gestik, Kostüm und Dekoration, Musik und Beleuchtung), deren jedes nach anderen Prinzipien Bedeutung hervorbringt. Soll das Theater seinerseits als ein spezifisches bedeutungserzeugendes System begriffen und erforscht werden, müssen daher die einzelnen beteiligten Zeichensysteme einerseits in ihrer jeweiligen Eigenart, andrerseits in ihren Beziehungen zueinander untersucht werden. Der von Coseriu in der Linguistik getroffenen Unterscheidung zwischen den Ebenen des Systems, der Norm und der Rede entsprechend wird diese Untersuchung unter systematischem, historischem und analytischem Aspekt durchgeführt.
Spätestens seit den 60er Jahren lassen sich zeitgenössische Kunstwerke nicht mehr in den Begriffen herkömmlicher Ästhetiken erfassen. Anstatt „Werke“ zu schaffen, bringen die Künstler zunehmend Ereignisse hervor, die in ihrem Vollzug die alten ästhetischen Relationen von Subjekt und Objekt, von Material- und Zeichenstatus außer Kraft setzen. Um diese Entwicklung nachvollziehbar zu machen, entwickelt Erika Fischer-Lichte in ihrer grundlegenden Studie eine Ästhetik des Performativen, die den Begriff der Aufführung in den Mittelpunkt stellt. Dieser umfaßt die Eigenschaften der leiblichen Kopräsenz von Akteuren und Zuschauern, der performativen Hervorbringung von Materialität sowie der Emergenz von Bedeutung und mündet in eine Bestimmung der Aufführung als Ereignis. Die Aufhebung der Trennung von Kunst und Leben, welche die neueren Ausdrucksformen anstreben, wird hier ästhetisch auf den Begriff gebracht.
Eine kulturwissenschaftliche Einführung
Die kulturwissenschaftliche Einführung in den Begriff der Performativität in einer aktualisierten und erweiterten Neuauflage. Die Perspektive des Performativen geht davon aus, dass kulturelle Phänomene und Prozesse neue Wirklichkeiten hervorbringen. Sie sind nicht lediglich als Zusammenhänge von Zeichen zu begreifen, die es zu entziffern und zu verstehen gilt. Texte, Bilder, Artefakte, Aufführungen und Praktiken aller Art lassen sich damit neu und anders wahrnehmen. Kulturen aus der Perspektive des Performativen zu untersuchen, ermöglicht den Kulturwissenschaften ganz neue Einsichten, die auch für den Laien faszinierend sind. Erika Fischer-Lichte stellt in diesem Band das Performative als eine kulturwissenschaftliche Grundkategorie vor. Sie liefert damit die erste deutschsprachige Einführung in die kulturwissenschaftliche Performativitätsforschung.
Eine Einführung in die Grundlagen des Fachs
Anders als andere Einführungen geht diese - gemäß dem aktuellen Stand des Fachs - vom Aufführungsbegriff aus und erläutert vor diesem Hintergrund die Grundlagen der Theaterwissenschaft. Anhand konkreter Beispiele werden sowohl die speziellen methodischen Probleme des Fachs erörtert als auch die Beziehungen zwischen Theaterwissenschaft und anderen Disziplinen dargestellt. Ein Literaturverzeichnis, ein Glossar und ein Register runden den Band ab.